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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2018)

23.10. - 26.10.2018, Berlin

In Bus und Bahn immer sicher unterwegs, oder? Eine Analyse von 859 unfallbeteiligten Insassen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Christian W. Müller - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany
  • Heiko Johannsen - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Verkehrsunfallforschung, Hannover, Germany
  • Sebastian Decker - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany
  • Timo Stübig - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany
  • Christian Krettek - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2018). Berlin, 23.-26.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocPT30-259

doi: 10.3205/18dkou856, urn:nbn:de:0183-18dkou8569

Veröffentlicht: 6. November 2018

© 2018 Müller et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) wird in Zeiten des Klimawandels und einer Urbanisierung des Lebensraums politisch und gesellschaftlich eine steigende Bedeutung zugeschrieben. Allgemein wird ein niedriges Verletzungsrisiko für Nutzer des ÖPNV angenommen. Im Gegensatz etwa zu den gut untersuchten PKW-Unfällen liegen aber kaum systematische erhobene Daten dazu vor. Ziel dieser Studie ist es daher, Hinweise zu konkreten Verletzungsrisiken in Bussen und Straßenbahn zu erhalten.

Methodik: Zwei Unfallforschungseinheiten dokumentierten prospektiv gemäß einer repräsentativen Stichprobe rund 2000 Unfälle pro Jahr hinsichtlich unfalltechnischer und medizinischer Parameter. Aus dieser Datenbank wurden von 1999 bis 2016 alle abgeschlossenen dokumentierten Unfallaufnahmen mit Insassen von Bussen und Straßenbahn extrahiert und hinsichtlich demographischer Parameter, Unfallkonstellation, Verletzungsschwere und Begleitverletzungen nach Abbreviated Injury Scale (AIS) und maximaler AIS (MAIS) sowie Injury Severity Score (ISS) retrospektiv analysiert. T-Tests für unverbundende Stichproben wurden mit SPSS Version 25 angewendet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Es konnten 859 als Insassen eines Busses oder einer Straßenbahn unfallbeteiligte Personen aus 72 Unfällen eingeschlossen werden. 576 waren Insassen eines Busses (BUS, 29 Unfälle), 266 waren Insassen einer Straßenbahn (STB, 43 Unfälle). Bei hoher Heterogenität der Unfallsituationen waren die relativ häufigste Unfallart die Kollision mit einem anderen abbiegenden oder kreuzenden Fahrzeug (7 und 12 Unfälle). Die mittlere Kollisionsgeschwindigkeit betrug 12,7 km/h bei den Busunfällen und 15,4 km/h bei den Straßenbahnunfällen. Das Durchschnittsalter betrug 47,8 (BUS) und 51,3 Jahre (STB). Die mittlere Gesamtverletzungsschwere betrug MAIS 1,09 (BUS, Minimum 0, Maximum 3) und 1,14 (STB, 0-3), die ISS 1,5 und 1,9. Signifikante Verletzungen (AIS 2 und 3) wurden bei 43/576 Bus- und 35/266 STB-Insassen dokumentiert (7,5 resp. 13%). Sie betrafen vor allem den Kopf (10 und 9), die oberen (8 und 10) sowie die unteren Extremitäten (10 und 8). Unterschiede in den Gruppen waren statistisch nicht signifikant.

Dies stellt die erste systematische Studie zu konkreten Verletzungsrisiken von Insassen in Bussen und Straßenbahn dar. Insgesamt ist das Verletzungsrisiko in diesem Kollektiv sehr niedrig, auch im Vergleich zu anderen Verkehrsteilnehmern in der Literatur, die mit der gleichen Methodik untersucht wurden. Am ehesten stellen andere abbiegende oder kreuzende Fahrzeuge eine Unfallgefahr da, das Risiko für (schwere) Verletzungen liegt aber offenbar vor allem bei den (vor allem ungeschützten) Unfallgegnern.