gms | German Medical Science

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2018)

23.10. - 26.10.2018, Berlin

Wurde der Grundsatz „konservative Therapie vor operativer Therapie“ auch in den randomisierten Studien zur Beurteilung der Effektivität der Arthroskopie des Kniegelenkes bei Gonarthrose beachtet?

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • presenting/speaker Thoralf Liebs - Inselspital, Klinik für Kinderchirurgie, Abteilung für Kinderorthopädie und Kindertraumatologie, Bern, Switzerland
  • Kai Ziebarth - Inselspital Universitätsspital Bern, Abteilung für Kinderorthopädie und Kindertraumatologie, Klinik für Kinderchirurgie, Bern, Switzerland
  • Steffen Berger - Inselspital Universitätsspital Bern, Klinik für Kinderchirurgie, Bern, Switzerland

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2018). Berlin, 23.-26.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocPT28-250

doi: 10.3205/18dkou827, urn:nbn:de:0183-18dkou8275

Veröffentlicht: 6. November 2018

© 2018 Liebs et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Mehrere randomisierte klinische Studien haben den Effekt der Arthroskopie des Kniegelenks bei Gonarthrose in Frage gestellt. Eine diesbezüglich im Jahr 2017 veröffentlichte Meta-Analyse von Brignardello-Petersen führte zu einer "rapid recommendation" im British Medical Journal, in welcher eine "strong recommendation against the use of arthroscopy in nearly all patients with degenerative knee disease" ausgesprochen wurde. Bei Betrachtung dieser Studien fiel uns jedoch auf, dass der Grundsatz "konservative Therapie vor operative Therapie" in diesen Studien nicht immer befolgt wurde.

Methodik: Wir haben für alle randomisierten kontrollierten Studien der oben genannten Meta-Analyse evaluiert, ob Physiotherapie vor der Randomisierung erforderlich war. Wir verglichen den Effekt der Arthroskopie in Studien in denen dieses der Fall war mit dem Effekt der Arthroskopie in Studien, in denen Physiotherapie vor Randomisierung nicht erforderlich war. Wir haben diese systematische Literaturanalyse vor der Durchführung registriert (PROSPERO, CRD42017070091).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Meta-Analyse von Brignardello-Petersen wies 13 randomisierte Studien auf. In zwei dieser Studien war Physiotherapie vor der Randomisierung als Einschlusskriterium beschrieben worden. In einer weiteren Studie wurde vorherige Physiotherapie zwar als Einschlusskriterium in der Veröffentlichung erwähnt, aber nicht im Studienprotokoll. Der Therapieeffekt der Arthroskopie war hinsichtlich kurzfristiger Schmerzlinderung (p=0,0037) als auch kurzfristiger (p=0,0309) und langfristiger (p=0,0012) Funktionsverbesserung höher in den Studien, in denen Physiotherapie vor der Randomisierung durchgeführt worden war.

Obwohl die Autoren der oben genannte Metaanalyse behaupten, dass ihre Analyse auf Patienten basiert welche nicht auf eine konservative Therapie angesprochen haben, war dieses jedoch nur für 2 der 13 untersuchten Studien der Fall.

Mehrere orthopädische Leitlinien empfehlen den Grundsatz "konservative Therapie vor operativer Therapie" auch in der Therapie der Gonarthrose. Dieser Empfehlung wurde in 11 der 13 analysierten Studien nicht gefolgt. Üblicherweise stellt sich die Indikation für eine Arthroskopie bei Gonarthrose erst dann, wenn die suffizient durchgeführte konservative Therapie nicht angeschlagen hat. Insofern entspricht die Patientenselektion in 11 Studien nicht den Empfehlungen der Leitlinien. Daher basiert die "rapid recommendation" des British Medical Journal auf einem synthetisch aggregierten Patientenkollektiv, bei dem gemäß der Leitlinien noch keine Indikation für eine Arthroskopie bestand. Daher ist die externe Validität dieser Studien, also die Frage, inwiefern die Aussagen dieser Studien auf die eigenen Patienten zu übertragen sind, nur mit äußerster Zurückhaltung zu bewerten. Eine von den Autoren der Meta-Analyse vorgenommene Verallgemeinerung auf alle Patienten mit Gonarthrose, also auch auf die Patienten, welche auf eine konservative Therapie nicht angesprochen haben, ist daher in Frage zu stellen.