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Die retrograde Bündelnagelung bei osteoporotischen, proximalen Humerusfrakturen – besser als ihr Ruf?
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Veröffentlicht: | 6. November 2018 |
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Fragestellung: Trotz der Implantatverbesserungen durch anatomische Konfigurationen und Winkelstabilität bestehen weiterhin erhebliche Probleme in der Versorgung von osteoporotischen, proximalen Humerusfrakturen. Besonders diffizil ist die Kombination von subcapitaler und proximaler Schaftfraktur und evtl. bestehender -aber klinisch kompensierter- Omarthrose. Die antegraden Marknägel sind meist für die ofenrohrartig anmutenden Markräume zu dünn, haben trotz winkelstabiler Schrauben nur schlechten Halt in der Kopfkalotte und können eine vorbestehende Omarthrose zugangsbedingt dekompensieren. Plattensysteme bedeuten eine erhebliche Zugangsmorbidität und bieten in der Kalotte ebenfalls nur bedingt Halt.
Bei diesen Verletzungen stellt die retrograde Bündelnagelung nach Hackethal eine - oftmals in Vergessenheit geratene- Behandlungsalternative dar.
Methodik: Es wurden retrospektiv alle Patienten an einem Level-I-Traumazentrum analysiert, die in den Jahren 2007-2014 bei proximalen Humerusfrakturen mittels retrograder Bündelnagelung operativ versorgt wurden. Es wurden die Patienten-, Operations- sowie die radiologischen und klinischen Daten ausgewertet und ein besonderer Fokus auf die Frakturmorphologie, das Vorliegen einer Osteoporose/ Omarthrose sowie Begleiterkrankungen und intra- und postoperative Komplikationen gelegt. Die Auswertung erfolgte mittels Excel und SPSS.
Ergebnisse: Es wurden 23 Patienten analysiert. Die 7 männlichen ∅ Patienten warem mit ∅62,1 Jahren (50-80) jünger, als die 16 weiblichen Patienten mit ∅ 72,7 Jahren (48-86)(p < 0.05) . Es lag 5x eine subcapitale Humerusfraktur vor, 7x eine proximale Schaftfraktur und 11x eine Kombinationsfraktur auf beiden Höhen. 18/23 Patienten (81,8%) hatten eine klinisch deutliche Osteoporose, bei 12/23 Patienten (52,2%) lag eine begleitende Omarthrose vor, die jedoch klinisch kompensiert war. Dem Patientenalter entsprechend lagen bei > 90% Komorbiditäten (73,9% kardiologisch; 26 % Diabetes mellitus); 48% waren oral antikoaguliert und 52,5% der Fälle hatten eine ASA-Klassifikation von ∅ 3.
Die Patienten wurden im Median nach spätestens 24 h operativ versorgt. Die durchschnittliche Schnitt-Naht-Zeit betrug 83 min. (45-136 min.). Die intraoperative Durchleuchtungszeit betrug ∅ 5,76 min. (1,2-15,5 min.). Das Repositionsergebnis (Kopf-Schaft-Achse) betrug 5,8° (0-25°)- allerdings war die Achsabweichung bei 78% kleiner 5°. Bei 8 Patienten (34,8%) kam es zu einer Nagellokomotion, 3 Patienten wurden revidiert (Revisionsquote 13%). Die Frakturen waren nach ∅ 5,6 Monaten radiol. konsolidiert. Im FU nach ∅ 8.3 Monaten (2-37) lag die Ante- und Abduktion bei ∅ 90° (45-180°).
Schlussfolgerung: Trotz eines stark negativ vorselektionierten Patientenkollektives konnten gute Behandlungsergebnisse erzielt werden, die den alternativen Therapieoptionen auch im Hinblick auf die Komplikations- und Revisionsquoten sicherlich standhalten.