gms | German Medical Science

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2018)

23.10. - 26.10.2018, Berlin

Hat eine Alpenföhnwetterlage einen Einfluss auf die Inzidenz von schweren Verletzungen? – Eine Analyse des TraumaRegisters der DGU®

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Frederik Greve - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, München, Germany
  • Michael Zyskowski - Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Klinikum rechts der Isar, München, Germany
  • Francesca von Matthey - Klinik ud Poliklinik für Unfallchirurgie, KLinikum der TU-München, München, Germany
  • K.-G. Kanz - Klinikum rechts der Isar, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, München, Germany
  • Peter Biberthaler - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, München, Germany
  • Andreas Matzarakis - Deutscher Wetterdeinst, Freiburg, Germany
  • Rolf Lefering - Universität Witten/Herdecke, Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Köln, Germany
  • Stefan Huber-Wagner - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, München, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2018). Berlin, 23.-26.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocPT24-1101

doi: 10.3205/18dkou771, urn:nbn:de:0183-18dkou7710

Veröffentlicht: 6. November 2018

© 2018 Greve et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen meteorologischen Faktoren und dem Auftreten von Unfällen. Vor allem in Bayern ist der Gedanke, dass eine Föhnwetterlage Einfluss auf das Wohlbefinden habe, fest in der Bevölkerung verankert. Diesbezüglich sind in der aktuellen Literatur jedoch keine Untersuchungen vorhanden. Die vorliegende Studie untersucht den Einfluss von Alpenföhn auf die Wahrscheinlichkeit, schwerwiegende Verletzungen zu erleiden.

Methodik: Über den deutschen Wetterdienst erfolgte anhand meteorologischer Aufzeichnungen die Bestimmung der Föhntage im Süden Bayerns (Föhnregion). Föhn wird allgemein definiert als Hochdruckwetterlage südlich der Alpen mit Tiefdruckwetterlage nördlich der Alpen. Dies resultiert in einem warmen Fallwind auf der Alpennordseite. Näher hin war ein Föhntag wie folgt definiert:

1.
Luftdruckdifferenz zwischen Süden und Norden über 6 hPa.
2.
Vorliegen von Südwind (Windrichtung zwischen 110° und 250°) mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von mindestens 12 m/s.
3.
Kriterium 1 und 2 müssen an einen Tag für mindestens 6 Stunden erfüllt sein.

Mithilfe des TraumaRegister DGU® erfolgte der Einschluss von Patienten aus Traumazentren im Süden Bayerns. Einschlusskriterien waren ein ISS von mindestens 9 Punkten mit anschließendem Aufenthalt auf einer Intensivstation oder das vorherige Versterben im Schockraum.

Untersucht wurde die Häufigkeit des Auftretens von schwerverletzten Patienten an Föhn- bzw. Nicht-Föhntagen. (TR-Projekt ID 2014-024) (EbM Level II)

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt wurden 6215 Patienten aus 37 Traumazentren in den Jahren 2013 bis 2016 eingeschlossen. An 101 (7%) von insgesamt 1461 Tagen herrschte Föhnwind. 301 Patienten (5%) verletzten sich an einem Föhntag (Mittleres Alter 55 Jahre (6 Jahre - 96 Jahre); 65% Männer, 35% Frauen). Der mittlere ISS betrug 20,2 (9-75). Im Mittel erfüllten pro Tag 4,25 Patienten (0-15 Patienten pro Tag) die Einschlusskriterien.

Die Durchführung einer multivariaten linearen Regressionsanalyse (Zielvariable Auftreten eines schweren Traumas ISS >9) zeigte, dass an einem Föhntag mit einer Zunahme von 0,67 Patienten pro Tag (p=0,023) zu rechnen ist. Dies entspricht ähnlichen Einflussfaktoren wie dem „Wochentag Samstag“ mit hohem Freizeitaufkommen (0,59 Patienten mehr an einem Samstag, p=0,001) ode der „Jahreszeit Sommer“ (1,31 Patienten mehr an einem Sommertag, p=<0,001).

Die vorliegende Untersuchung belegt erstmalig den signifikanten Einfluss der Wetterlage Föhnwind im Süden Bayerns auf die Wahrscheinlichkeit einen Unfall mit konsekutiven schweren Verletzungen zu erleiden. Traumazentren in Föhnregionen sollten darauf vorbereitet sein, an Föhntagen mit einem erhöhten Auftreten von schwerverletzten Patienten konfrontiert zu werden.