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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2018)

23.10. - 26.10.2018, Berlin

Die Folgen eines Polytraumas wirken sich negativ auf das soziale Umfeld aus – soziale Isolation durch Verlust des Freundeskreises

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Christopher Spering - Universitätsmedizin Göttingen, Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Göttingen, Germany
  • Wolfgang Lehmann - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Göttingen, Germany
  • Arndt F. Schilling - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Göttingen, Germany
  • Klaus Dresing - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Göttingen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2018). Berlin, 23.-26.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocAT16-788

doi: 10.3205/18dkou323, urn:nbn:de:0183-18dkou3231

Veröffentlicht: 6. November 2018

© 2018 Spering et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Insbesondere nach einem Polytrauma beeinflusst die Lebensqualität (LQ) stark. Die Sicherheit im sozialen Umfeld hängt unmittelbar mit der empfundenen LQ zusammen. wird die LQ durch multiple Faktoren beeinflusst. Die Nachbetreuung ist oft kompliziert und langwierig. Um zu erheben, in welchem Ausmaß Polytraumatisierte Veränderungen in ihrem sozialen Umfeld nach einem Polytrauma erleben und sich die gesundheitsbezogenen LQ verändert, wurde eine Population Polytraumatisierter mit Verletzung der unteren Extremität und des Beckens bis zu 8 Jahre nach dem Unfall nachuntersucht.

Methodik: Fragebogenerhebung aus SF-36 und selbst validiertem traumaspezifischem Fragebogen.

Vergleichskollektiv (K): gesunde Population, Stichprobenauswahl nach Krit: Verletzung der unteren Extremitäten und Becken (AIS>2), ISS 16; Ausschluss Suizid.

Mindestens 18 Jahre alt zum Zeitpunkt der Befragung.

Die Befragung erfolgte im Mittel 48,14 Monate nach Unfall.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im Untersuchungszeitraum wurden 2823 Pat. über SchockOP erfasst. 684 (G) wiesen einen ISS>15 auf. 154 Pat. entsprachen Einschlusskriterien, bei 92 Pat. konnten die Personalien festgestellt werden und sie wurden befragt, Rücklaufquote 52% N=48 (T).

Der ISS wies einen Median von 25 P. auf, mittleres Alter 42 J, Letalität in G 17,7%.

Signifikante Veränderungen zeigten sich im Vgl. zur Normalpopulation bei den Angaben „gedrückt und energielose Stimmung“, „seltener aktiv“. Es zeigten sich signifikante Unterschiede bei Körperregulationsstörungen (Fieber, Schlaflosigkeit) und Störungen des Nervensystems, die Verletzung/Krankheit sei dauerhaft spürbar, Müdigkeit und Erschöpfung, die Belastungsfähigkeit reduziert. Die psychische Gefühlslage war nach Unfall signifikant schlechter als zuvor. 58% gaben Schlafprobleme, 67% vermehrte Antriebslosigkeit, 56% vermehrte Stimmungsschwankungen an.

In Familie und Freundeskreis wurde Einsamkeit empfunden, Probleme könnten nicht mehr besprochen werden und permanent seien die Pat. auf Hilfe angewiesen.

83,5% gaben ihre Körperqualität als schlecht bis mittel an. Die Lebensqualität wurde signifikant schlechter bewertet als in K.

Es waren 50% verheiratet (davon 10% aufgrund Verletzungsfolgen geschieden), ledig 24%, geschieden 8%.

44,5% gaben Veränderungen in der Partnerschaft an, entweder positiv -> neuer Partner (vermehrte Zuwendung als Kriterium) oder Verlust. Zusätzlich negativ wurde Verständnislosigkeit im sozialen Umfeld angegeben.

53,5% gaben Veränderungen im Freundeskreis an -> Freundeskreis instabilster Part im sozialen Gefüge. Als Begründung wurde oft die Assoziation des Freundeskreises zu Hobbies, die nach dem Unfallgeschehen nicht mehr ausgeübt werden könnten, angegeben. 22% gaben negative Erlebnisse mit Arbeitskollegen an, Hauptereignis Mobbing nach Unfallgeschehen.

Nach einem Polytrauma droht die soziale Isolation durch Verlust des Freundeskreises. Psychische Stabilität und physiologische Körperfunktionen sind nachhaltig beeinträchtigt, was die Gesamtlebensqualität negativ beeinflusst.