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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2018)

23.10. - 26.10.2018, Berlin

Determinanten der Langzeit-Lebensqualität nach Polytrauma

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Evi Fleischhacker - Unfallchirurgie LMU, München, Germany
  • Heiko Trentzsch - INM LMU, München, Germany
  • Franziska Meigel - Gynäkologie, Traunstein, Germany
  • Felix Beyer - Orthopädie/Unfallchirurgie, Kreiskrankenhaus Schrobenhausen, Schrobenhausen, Germany
  • David Kuppinger - Viszeralchirurgie LMU, München, Germany
  • Wolfgang Hartl - Viszeralchirurgie LMU, München, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2018). Berlin, 23.-26.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocAT16-169

doi: 10.3205/18dkou321, urn:nbn:de:0183-18dkou3212

Veröffentlicht: 6. November 2018

© 2018 Fleischhacker et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Lebensqualität ("Health related quality of life", HRQOL) ist nach schwerem Polytrauma oft eingeschränkt. Bisher ist nicht bekannt, welche Determinanten im Langzeitverlauf (mehr als zwei Jahre nach dem Trauma) die Lebensqualität bestimmen.

Methodik: Die retrospektive Querschnittsstudie wurde nach Genehmigung durch die örtliche Ethikkommission an Patienten durchgeführt, die zwischen 2006 und 2011 ein schweres Polytrauma (mindestens 2-tägiger Aufenthalt auf einer Intensivstation) erlitten und die ersten 500 Tage nach dem Trauma überlebten. Alle Patienten waren primär an einem Zentrum der unfallchirurgischen Maximalversorgung behandelt worden. Verschiedenen Datenbanken wurden prospektiv gesammelte Informationen zu Art und Schwere der Verletzung (RISC), Intensität und Dauer der intensivmedizinischen Behandlung und Outcome zum Zeitpunkt der Entlassung (GOC) entnommen. Eine relevante Organdysfunktion wurde bei einem organspezifischen SOFA-Score >2 angenommen. Die HRQOL wurde mittels EQ-5D Fragebogen bzw. EQ-VAS (visuelle Analogskala) bestimmt. Der daraus abgeleitete EQ-5D Index reflektiert eine Einschätzung der Lebensqualität im Sinne einer Nützlichkeit, wohingegen der VAS Score die subjektive Einschätzung der Lebensqualität wiedergibt. Eine schlechte HRQOL wurde definiert als EQ-5D Index <0,6 oder EQ-VAS Score ≤ 50. Anhand komplexer statistischer Modelle wurden unabhängige Prädiktoren einer schlechten HRQOL identifiziert und an die Zeit adjustiert, die seit dem Trauma vergangen war.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: 168 Patienten konnten 3,6 ± 1,6 (SD) Jahre nach Polytrauma untersucht werden. Die vorausgesagte Mortalität nach RISC betrug 9,3 ± 14,0%, der mittlere EQ-5D Index lag bei 0,599 ± 0,299 und der EQ-VAS Score bei 67,8 ± 22,0. Bei 43,5% (EQ-5D) bzw. 28,0% (EQ-VAS) der Patienten konnte eine sehr schlechte HRQOL festgestellt werden. Dabei waren die "Intubation im Schockraum" (Odds ratio [OR] 2,47; 95% Konfidenzintervall [KI] 1,17 - 5,20, p= 0,017) sowie die "Zahl der Organe mit relevanter Funktionseinschränkung während des Aufenthaltes auf der Intensivstation" (quadratische Modellierung, OR 544,35; 95% KI 2,28 - 12,98*E4, p=0,024) unabhängige Prädiktoren für einen schlechten EQ-5D Index. Wichtigste Prädiktoren für einen schlechten VAS Score waren die nach RISC vorhergesagte Sterbenswahrscheinlichkeit (logarithmische Modellierung, OR 267,23; 95% KI 3,85 - 18,57*E3, p=0,010), sowie mit Einschränkungen ein weibliches Geschlecht (OR 2,00, 95% KI 0,90-4,44, p=0,090).

Verschiedene Determinanten bestimmen im Langzeitverlauf die HRQOL nach Polytrauma. Starke Einschränkungen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (EQ-5D-Index) scheinen eher durch das Ausmaß sekundärer Traumafolgen (Organfunktionseinschränkungen) bestimmt zu sein, während die subjektive Einschätzung der Lebensqualität (VAS) stark mit dem primären Ausmaß des Traumas korreliert. Somit scheint in der Akutphase nur die gesundheitsbezogene Lebensqualität durch entsprechende therapeutische Bemühungen modifizierbar zu sein.