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Querfortsatzfrakturen L4 und L5 bei Beckenringfrakturen – Hilfreiche Indikatoren der Instabilität, aber nicht des Schocks
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Veröffentlicht: | 6. November 2018 |
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Fragestellung: Über die Aussagekraft der Querfortsatzfrakturen L5 bei instabilen Beckenringfrakturen herrscht weiterhin Uneinigkeit. Grundsätzlich ist aber ein einfacher diagnostischer Marker einer instabilen Beckenringfraktur für die Notfallbehandlung wünschenswert. Die vorliegende Studie hatte daher zum Ziel, die Aussagekraft von L4 und/oder L5 Querfortsatzfrakturen bei biomechanisch und hämodynamisch instabilen Beckenringfrakturen zu analysieren.
Methodik: Es erfolgte eine retrospektive Matched-Pair-Analyse von Patienten mit Beckenfrakturen, die von 01/2005 bis 12/2014 an einem überregionalen Traumazentrum behandelt wurden. Ein Propensity Score Matching mit Nearest Neighbor Matching und einer 1:3 Match-Ratio wurde durchgeführt. Beckenringfrakturen wurden anhand der modifizierten Tile AO Müller Klassifikation und der Young & Burgess Klassifikation eingeteilt. Hämodynamische Instabilität war definiert als manifester Schock bei Aufnahme (Systolischer Blutdruck ≤ 90 mmHg, Shock Index ≥ 0.9 oder Base Excess ≤ -6 mmol/l).
Ergebnisse: Von Januar 2005 bis Dezember 2014 konnten 728 Patienten mit Beckenringfrakturen eingeschlossen werden. 157 Patienten (21.6%) hatten eine L4 und/oder L5 Querfortsatzfraktur. 183 Patienten (25.1%) wiesen ein biomechanisch instable Beckenringfraktur auf. 84 Patienten (45.9%) mit instabiler Beckenringfraktur wiederum hatten eine zusätzliche Querfortsatzfraktur verglichen mit 73 Patienten (13.4%) mit stabiler Beckenringfraktur (p<0.001). Patienten mit L4 und/oder L5 Querfortsatzfraktur wiesen ein 5.5-faches Risiko (95%-CI 3.7 ± 8.0, p<0.001) einer biomechanisch instabilen Beckenringfraktur auf (Korrelation: Spearman rho 0.34, p<0.001). Die Sensitivität betrug 45.9%, die Spezifität 86.6%, der positive prädiktive Wert 53.5% und der negative prädiktive Wert 82.7%. Es fanden sich keine Unterschiede bezüglich hämodynamischer Parameter bzw. im Auftreten eines manifesten Schocks bei Aufnahme (52 vs. 41%, p=0.3). L4 und/oder L5 Querfortsatzfrakturen konnten entsprechend in einer logistischen Regression [OR (95%-CI): 1.6 (0.8 ± 3.3), p=0.2] nicht als unabhängiger Prädiktor hämodynamischer Instabilität nachgewiesen werden.
Schlussfolgerung: Begleitende Querfortsatzfrakturen L4 und L5 sind zwar kein Prädiktor der hämodynamischen Instabilität, aber Indikatorverletzungen für die biomechanische Instabilität einer Beckenringfraktur. Sie können daher in der Notfallbehandlung von Beckenringfrakturen auf eine höhere Verletzungsschwere hinweisen und sollten beachtet werden.