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Wirbelsäulenverletzungen beim Polytrauma: Was beeinflusst den Zeitpunkt der primären Wirbelsäulenversorgung?
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Veröffentlicht: | 6. November 2018 |
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Fragestellung: Wirbelsäulenverletzungen stellen eine häufige Entität im Rahmen eines Hochrasanztrauma dar. Instabile Wirbelkörperverletzungen können potentiell zu weiteren neurologischen Schädigungen bis hin zum Querschnitt des polytraumatisierten Patienten führen. Der Zeitpunkt der Wirbelsäulenversorgung bei diesen Patienten wird in der Literatur weiterhin kontrovers diskutiert. Wir untersuchen in unserer Studie den Unfallhergang, das Auftreten von schwerwiegenden Begleitverletzungen und deren Abhängigkeit zum Zeitpunkt der operativen Wirbelsäulenversorgung.
Methodik: Es erfolgte eine retrospektive Analyse von prospektiv gewonnenen Daten. Insgesamt konnten hierbei 401 schwerverletzte Patienten mit einer Wirbelsäulenverletzung aus zwei Level-1-Traumazentren identifiziert werden. Patienten im Alter >16 Jahre, einem ISS >16 und einer minimalen stationären Behandlungsdauer von 7 Tagen wurden eingeschlossen. Die Schwere der Wirbelsäulenverletzung wurde anhand der AOSpine Klassifikation festgelegt. Die Patienten wurden in Abhängigkeit ihres Verletzungsmusters in vier verschiedene Gruppen eingeteilt (Kopf, Thorax, Abdomen, Becken, Extremitäten) und der Zeitpunkt der jeweiligen Wirbelsäulenversorgung analysiert. Neben demographischen Daten wurden Unfallmechanismus, Verletzungsmuster, assoziierte Komplikationen (MODS, Sepsis), Intensivbehandlungstage, Beatmungszeit, Hospitalisierungsdauer und Outcome des Patienten mittels SPSS ausgewertet.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Es konnten 401 Patienten mit einer Wirbelsäulenverletzung identifiziert werden. Der mittlere ISS betrug 25.2±14 Punkte, das mittlere Alter zum Zeitpunkt des Traumas lag bei 48±20 Jahren, 70% waren männlichen Geschlechts. Die Distribution der WS-Verletzungen erbrachte 37% HWS-, 24% BWS- und 38% LWS-Verletzungen. Ein neurologisches Defizit lag bei 12% vor. Hinsichtlich der Einflussgrößen auf eine prolongierte präoperative Dauer fand sich eine verlängerte Wartezeit bis zur OP im Falle einer signifikanten Thoraxverletzung (p=0,004; r=0,219). Gleichzeitig war bei Vorliegen eines initialen neurologischen Defizits die Wartezeit verkürzt (p< 0,001; r=-0,351). Die Gesamtverletzungsschwere nach ISS (p=0,493; r=0,052), die Stabilität der WS-Fraktur (p=0,433; r=-0,60) und die Frakturmorphologie nach AO-Spine (p=0,331; r=-0,74) korrelierten hingegen nicht mit der Dauer bis zur OP (p >0,05). Die log. Regressionsanalyse (Nagelkerkes R2=0,372) zeigte ebenfalls die Präsenz eines signifikanten Thoraxtraumas (p=0,002, OR 4,54 [95%-CI 1,8-11,7]) sowie ein initiales neurologisches Defizit (p<0,001; OR 0,101 [95%-CI 0,2-0,3]) als unabhängige Einflussgrößen hinsichtlich der Dauer bis zur OP. Der ISS (p=0,355; OR 0,98), das Alter (p=0,133; OR 1,02) und die weitere Verletzungsdistribution sowie assoziierte Komplikationen (MODS, Sepsis) nahmen keinen Einfluss.
Zusammenfassend lassen sich ein primäres neurologisches Defizit und ein signifikantes Thoraxtrauma als unabhängige Einflussgrößen auf den Versorgungszeitpunkt der Wirbelsäulenverletzung nachweisen.