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Strategien der Infektprävention nach offenen Frakturen: Befragung von 1.197 Unfallchirurgen weltweit
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Veröffentlicht: | 6. November 2018 |
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Fragestellung: Implantat-assoziierte Infektionen sind eine häufige Komplikation nach Versorgung offener Frakturen. Guidelines zur Prävention unterscheiden sich teilweise sehr stark. Ein Fragebogen soll die aktuell in der klinischen Praxis angewendeten Strategien zur Infektionsprävention bei offenen Frakturen abbilden.
Methodik: Eine Gruppe internationaler Unfallchirurgen und Infektionsspezialisten mit Erfahrung auf dem Gebiet traumatologischer Infektionen hat einen Fragebogen entwickelt, der mittels SurveyMonkey® allen AOTrauma Mitgliedern weltweit zugeschickt wurde. Es erfolgte eine deskriptiv statistische Auswertung.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: 1197 Unfallchirurgen aus 112 Ländern beantworteten den Fragebogen (Antwortrate: 4,9% aller geöffneten Emails).
Zur antibiotischen Prophylaxe offener Frakturen werden am häufigsten Cephalosporine verwendet (Cefazolin: 51,46% Cefuroxim: 23,6%, Ceftriaxon: 14,54%). Diese werden bei Gustilo Typ III offenen Frakturen häufig durch Gentamicin (49,12%) oder Metronidazol (33,58%) ergänzt.
Im eigenen Vorgehen berichten 86% (n=1033), dass die erste Antibiotikagabe direkt nach Aufnahme in der Notaufnahme geschieht. Nur 3% (n=34) berichten eine frühere Gabe am Unfallort, oder auf dem Transport in die Klinik.
Uneinigkeit herrscht bezüglich der optimalen Dauer der Antibiose. Während bei Typ I meist eine 24h Prophylaxe angewendet wird (34%, n=405), ist die am häufigsten genannte Dauer bei Typ II 72h (26%, n=306). Bei Typ III wurden 7 Tage am häufigsten genannt (38%, n=448). Es zeigt sich insgesamt ein Trend zu längeren Antibiotikaregimen mit zunehmender Schwere der Weichteilverletzung. Ein Großteil der Befragten (71%, n=849) stimmt der Aussage zu, dass die optimale Dauer der Antibiotikagabe in der aktuellen Literatur nicht gut definiert ist.
Bezüglich des Zeitfensters bis zum ersten Debridement bei offenen Frakturen ist die ‚six hour rule’ bei den meisten Befragten stark vertreten (47%, n=565), wobei auch teilweise längere Zeiträume (12h: 16%, n=186 und 24h: 18% n=220) als noch akzeptabel genannt werden.
Bei der intraoperativen Lavage sind die vier am häufigsten verwendeten Flüssigkeiten bei Typ III Kochsalzlösung (89%, n=1065), Povidon-Iod (35% n=420), Wasserstoffperoxid (29% n=343), und Chlorhexidin (14%, n=172).
Am häufigsten geben die Befragten an, hierbei einen niedrigen Druck von 5-10psi („bulb syringe“: 54,97%, n=658) anzuwenden, gefolgt von sehr niedrigen Druck („gravity flow“: 30%, n=361). Hochdruck-Systeme (>20 psi, „Jet-Lavage“) werden aktuell nur von 14,87% (n=178) der Befragten angewendet.
In Bezug auf die Menge der Spülflüssigkeit zeigt sich eine zweigipfelige Verteilung mit zwei Maxima bei 4-6 l (24%, n=286) und 8-10 l (24%, n=282), die am ehesten auf die angebotenen Verpackungsgrößen der Hersteller, als auf evidenzbasierte Empfehlungen zurückzuführen sind.
Die Ergebnisse der Befragung zeigen ein Abbild der teils sehr verschiedenen klinischen Versorgungstrategien bei offenen Frakturen.