Artikel
Therapie einer rigiden bilateralen kongenitalen Kniegelenksluxation – Case Report
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 23. Oktober 2017 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung: Die kongenitale Kniegelenksluxation (KKL) ist eine seltene anatomische und funktionelle Fehlstellung. Die Inzidenz wird in einer skandinavischen Studie mit 0,017 pro 1000 Geburten angegeben [1]. Wir berichten über den Verlauf einer rigiden Form einer KKL, welche einen geringen Anteil aller KKL ausmacht [2].
Methodik: Ein neugeborenes Kind mit einer beidseitig rigiden KKL wurde im November 2015 in der kinderorthopädischen Sprechstunde vorstellig. In der klinischen Untersuchung zeigten beide Knie vor allem bei Stimulation eine ausgeprägte Hyperextension. Das Bewegungsausmaß lag beidseits bei Extension/Flexion 90°/60°/0°. Der Musculus quadriceps femoris besaß einen ausgeprägten Muskeltonus. Eine varische oder valgische Aufklappbarkeit sowie eine Instabilität der Kreuzbänder bestand nicht. Eine redressierende Gipsbehandlung wurde eingeleitet. Bei unzureichendem Repositionsergebnis im Oberschenkelgips erfolgten im Februar 2016 wiederholte Botoxinjektionen zur Reduktion des starken Muskeltonus des Musculus quadriceps femoris. Bei ausbleibendem Repositionserfolg wurden im Juni 2016 eine VY-Plastik des M. quadriceps femoris sowie die Tenotomie des Musculus rectus femoris durchgeführt. Intraoperativ zeigten sich Innen- und Außenmeniskus angelegt und die ligamentären Strukturen elongiert. In der letztmaligen Untersuchung betrug der Bewegungsumfang des Kniegelenks in Extension/Flexion rechts 10°/0°/50°und links 10°/0°/90°.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Ätiologie der KKL ist unklar. Häufig wird eine Fibrose des Musculus quadriceps femoris, zum Teil hypoplastische oder fehlende Kreuzbänder beobachtet. Vermehrt tritt die KKL im Rahmen einer intrauterinen Steißlage oder bei syndromalen Erkrankungen sowie Pathologien des Rückenmarks auf. Die Diagnostik erfolgt klinisch mit einer ausgeprägten Überstreckbarkeit des Kniegelenkes, einer nach ventral verschobenen Tibia und einer Verkürzung des Musculus quadriceps femoris. Assoziiert sind häufig Fehlstellungen wie Hüftgelenksluxationen oder Klumpfüße. Ergänzend kann die Sonographie, Röntgenbilder oder ein MRT des Kniegelenkes durchgeführt werden [3]. Die Klassifikation erfolgten durch Drehmann und durch Leveuf & Pais nach radiologischen Aspekten und schließlich durch Mehrafshan et al. nach funktionellen Gesichtspunkten [4], [5], [6]. Das Therapieregime richtet sich nach Ausmaß und Rigidität der KKL. Konservative Maßnahmen beinhalten redressierende Gipsverbände, eine Extensionstherapie sowie eine ergänzende Botoxtherapie. Vor allem bei rigiden Kniegelenksluxationen ist eine operative Therapie oft unumgänglich. Hierbei wird die VY-Plastik zur Verlängerung des Musculus quadriceps femoris mit begleitender tibio-femoraler Arthrolyse sowie einer anschließenden Gipstherapie durchgeführt. Alternativ wird eine perkutane Nadeltenotomie beschrieben. Prognostische Faktoren richten sich nach dem Ausmaß der KKL [2].