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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2017)

24.10. - 27.10.2017, Berlin

Auffangbeutel für Flüssigkeiten – ein potenzielles Keimreservoir in der primären Hüftendoprothetik

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Milena M. Plöger - Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bonn, Germany
  • Martin Gathen - Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bonn, Germany
  • Cornelius Jacobs - Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bonn, Germany
  • Gunnar Hischebeth - Universitätsklinikum Bonn, Institut für medizinische Mikrobiologie, Bonn, Germany
  • Max Friedrich - Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bonn, Germany
  • Thomas M. Randau - Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bonn, Germany
  • Matthias D. Wimmer - Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bonn, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2017). Berlin, 24.-27.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocPO11-1014

doi: 10.3205/17dkou609, urn:nbn:de:0183-17dkou6095

Veröffentlicht: 23. Oktober 2017

© 2017 Plöger et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Zur Prophylaxe implantatassoziierter Infekte in der Primärendoprothetik ist die Sterilität im OP essentiell. In der Literatur wurde bereits gezeigt, dass flüssigkeitsgefüllte Behälter zur Ablage der sterilen Instrumente (sog. "Splash Basins"), häufig genutzt im angloamerikanischen Raum, eine potenzielle Keimquelle sind. Die IDSA Guidelines raten von der Nutzung dieser Behältern in der Nähe der Operationswunde ab. Die routinemäßig in Deutschland verwendeten, kommerziell erhältlichen "Einmal Abdecksets" beinhalten vielfach einen Auffangbeutel für Spül-und Wundflüssigkeiten. Diese Beutel wurden bislang nicht in der Literatur als potenzielle Keimquelle untersucht. Unsere Hypothesen waren, dass 1) die Auffangbeutel eine potenzielle Erregerquelle im OP darstellen und 2) eine mögliche Keimlast eine Korrelation zur OP Zeit zeigt.

Methodik: Nach der Zustimmung durch die Ethikkomission (#200/16) untersuchten wir in dieser prospektiv kontrollierten Pilotstudie 43 konsekutive Patienten (m=37,3 %, w= 62,7 %) während der Implantation einer primären Hüftendoprothese. Ausschlusskriterien waren u.a. Voroperationen, vorherige Infekte sowie Neoplasien. Nach der Kapselpräparation wurden frühestmöglich zwei repräsentative, tiefe Gewebeproben als Kontrollprobe entnommen. Bei Beendigung der Operation wurden zwei Proben mit Geweberesten aus der gesammelten Flüssigkeit im Auffangbeutel als Studienprobe gewonnen. Die mikrobiologische Bebrütung erfolgte über 14 Tage. Die Nachuntersuchung der Patienten erfolgte nach 6 Wochen, 3, 6, 12 und 24 Monaten.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bei 4 von 43 Patienten (9.3 %) konnte in den Studienproben aus dem Auffangbeutel am Ende der Operation ein Keim differenziert werden (2x multisensibler Staph. Epidermdis (MSSE), 1x multiresistenter Staph. Epidermidis (MRSE), 1x Propionibacterium Acnes). Es zeigte sich eine Korrelation zur OP Zeit. Alle positiven Proben wurden bei einer Operationsdauer >90 min. nachgewiesen. Alle Kontrollproben waren negativ. Eine potenzielle klinische Korrelation zeigte sich bei einer Patientin mit Keimnachweis von MRSE in der Studienprobe aus dem Auffangbeutel. Bei initialem Verdacht auf einen akuten Frühinfekt 4 Wochen postoperativ mit einer Symptomdauer von 6 Tagen und geröteter Wunde erfolgte eine Revision mit Wechsel der mobilen Komponenten entsprechend der von unserer Gruppe publizierten Therapiealgorithmen. Der Keimnachweis konnte aber intraoperativ aus 5 tiefen repräsentativen Proben einschließlich PCR und Sonication der gewechselten Komponenten nicht reproduziert werden. Auch die histopathologische Analyse ergab einen periprothetischen Membrantyp I (Abriebtyp) nach Krenn und Morawietz.

Unsere prospektive, kontrollierte Pilotstudie zeigte, dass Auffangbeutel für Flüssigkeiten eine potenzielle Keimquelle in der Primärendoprothetik sind. Unsere Daten legen nahe, dass die Keimbelastung abhängig von der Operationszeit ist. Der routinemäßige Einsatz von Auffangbeuteln für Flüssigkeiten in der Nähe der Operationswunde sollte kritisch hinterfragt werden.