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Das milde SHT in der Unfallchirurgie? Welche Patienten zeigen ein erhöhtes Risiko für eine ICB?
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Veröffentlicht: | 23. Oktober 2017 |
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Fragestellung: Mit einer zunehmenden Anzahl alterstraumatologischer Patienten steigt auch die Anzahl an Patienten nach Niedrigrasanztraumen und leichtem Schädel-Hirn-Trauma (SHT). Aufgrund der häufig ausgeprägten Multimorbidität und einer hohen Koinzidenz an gerinnungshemmender Medikation werden diese geriatrischen Patienten mit leichtem SHT oft stationär überwacht. Es gibt bisher wenige Untersuchungen über die Häufigkeit interventionsbedürftiger Blutungen im Behandlungsverlauf und mögliche Risikofaktoren hierfür
Methodik: Retrospektive Analyse aller Patienten >60 Jahre, die mit einem leichten SHT (Glasgow Coma Scale 13-15) in einer deutschen Universitätsklinik von 2011 bis 2016 stationär behandelt wurden. Patienten mit primärer OP-Indikation wurden aus der weiteren Analyse ausgeschlossen. Dokumentiert wurden unter anderem: Alter, Geschlecht, bestehende gerinnungshemmende Begleitmedikation, neurologischer Aufnahmebefund, initialer CCT-Befund und operationspflichtige und konservativ behandelte Blutungen.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: 680 Patienten mit mildem SHT wurden ausgewertet. Sie waren im Mittel 79 ±9 Jahre alt und zu 53% weiblich. Der mittlere Aufenthalt betrug 3 ±5 Tage. Die Zahl der Behandlungsfälle stieg im Untersuchungszeitraum deutlich auf alleine 150 Patienten im 1. Halbjahr 2016 an.
7,4% (N=50) der Patienten zeigten eine ICB, bei 88% erfolgte die Diagnosestellung bereits im initialen cCT. 16 der Patienten mussten im Verlauf operativ versorgt werden, 4 zeigten initial ein unauffälliges cCT. Jüngere Patienten, insbesondere Männer zeigten öfter eine ICB als Frauen (9% vs. 6%). 19% der Patienten nahmen zum Zeitpunkt des Traumas Marcumar ein, 7% ein DOAK. 43% waren solitär oder additiv mit einem Thrombozytenaggregationshemmer versorgt. Es zeigte sich keine Korrelation zwischen der Einnahme von Blutverdünnern und einer ICB bzw. operationspflichtigen ICB.
Bei 27% waren kognitive Beeinträchtigungen vorbeschrieben. Bei 35% der Patienten war anamnestisch eine mögliche Bewusstlosigkeit, bei 39% eine mögliche Amnesie dokumentiert. Patienten mit Bewusstlosigkeit oder kognitiver Einschränkung zeigten öfter eine ICB (11% vs. 4%, p=0,005; 13% vs. 6%, p=0.002 und wurden häufiger operiert (5.0% vs. 1.5%, p=0.040; 6.1% vs. 1.1%, p<0.001). Es bestand kein Zusammenhang mit einer Amnesie.
Die Mortalität betrug 1,6%( N=11), 8 Patienten verstarben in Folge einer ICB, 5 davon nach operativer Versorgung. Bei 3 Patienten war die Todesursache unabhängig vom SHT.
Zusammenfassend ist eine zunehmende Inzidenz an geriatrischen SHTs zu verzeichnen. Die Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten scheint nicht den erwarteten Einfluss auf das Auftreten einer ICB zu zeigen. Vielmehr spielen ein männliches Alter, eine vorbestehende kognitive Beeinträchtigung, sowie eine bestandene Bewusstlosigkeit eine wichtige prognostische Rolle. Die Mehrzahl der operationspflichtigen Patienten hatte bereits in der initialen cCT einen intrazerebralen Befund, dies unterstreicht die Bedeutung einer zeitgerechten adäquaten Bildgebung.