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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2017)

24.10. - 27.10.2017, Berlin

Carotisdissektion beim Polytrauma – eine unterschätzte Verletzung!

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Katharina Angerpointner - Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg, Germany
  • Andreas Schreyer - Institut für Röntgendiagnostik, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg, Germany
  • Stephan Schleder - Institut für Röntgendiagnostik, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg, Germany
  • Sebastian Baumer - Klinik für Gastroenterologie und Interventionelle Endoskopie, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Regensburg, Regensburg, Germany
  • Eva Diepold - Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg, Germany
  • Michael Nerlich - Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg, Germany
  • Antonio Ernstberger - Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2017). Berlin, 24.-27.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocWI37-553

doi: 10.3205/17dkou346, urn:nbn:de:0183-17dkou3461

Veröffentlicht: 23. Oktober 2017

© 2017 Angerpointner et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: in der Literatur wird Die Inzidenz der Verletzung der hirnversorgenden Gefäße zwischen 0,39% und 4,6% angegeben. Um die gefährdeten Patienten zu identifizieren und diese einer primären Diagnostik zuzuführen werden multiple Algorithmen vorgeschlagen - bis hin zum Screening aller Schwerstverletzten.

In unserem Überregionalen TraumaZentrum gehört die Kontrastmitteldarstellung (KM-Darstellung) der hirnversorgenden Gefäße beim Polytrauma zum Standardprotokoll der Ganzkörper-Computertomographie. Wie hoch ist die Inzidenz der Verletzung der hirnversorgenden Gefäße bei Schwerstverletzten bei der Anwendung eines Komplettscreenings?

Methodik: Über einen Zeitraum von 40 Monaten erfolgte eine monozentrische Auswertungen der Daten von primären Schockraumpatienten eines ÜTZ anhand des DGU-TraumaRegister-Datensatzes. Eingeschlossen wurden Patienten mit einem ISS ≥ 16.

Bei allen Patienten erfolgte ein Polytraumascan mit standardmäßiger KM-Darstellung der hirnversorgenden Gefäße.

Ergebnisse: Eingeschlossen wurden 396 Patienten mit einem durchschnittlichen ISS von 32,6 (SD 13,8) und einem Durchschnittsalter von 38,8 Jahren (SD 20,7). Der Anteil der männlichen Patienten betrug 71,5%. Bei 26 Patienten zeigte sich eine Carotisdissektion, was einer

Inzidenz von 6,6% entsprach. Bei Patienten mit einem ISS ≥ 25 betrug die Inzidenz 9,1 %. Drei der 26 Patienten wiesen eine beidseitige Carotisdissektion auf. Vertebralisdissektionen fanden sich bei 1,5% der Patienten (n = 6), von denen 4 mit einer Carotisdissektion vergesellschaftet waren. Bei 60% der Patienten mit Carotisdissektion (n = 16) wurde der ISS nicht durch diese Verletzung beeinflusst.

Bei einer Betrachtung nach Altersgruppen zeigte sich der Gipfel in der Gruppe der 26- bis 35-Jährigen. Im Geschlechtervergleich fanden sich unter den männlichen Schwerstverletzten 7,1 %, unter den weiblichen 6,4% Carotisdissektionen. Die Häufigkeit der Carotisdissektionen bei Patienten mit ISS ≥ 16 nach Unfallart zeigt ein Maximum bei den schwerstverletzten Motorradfahrern mit einer Inzidenz von 10,0%.

Bei 69% der Patienten mit Carotisdissektion zeigte sich keine begleitende HWS-Verletzung. Nach den gängigen Screeningkriterien wären 53,8% der Carotisdissektionen nicht erfasst worden.

Schlussfolgerung: Die Inzidenz der Verletzung der hirnversorgenden Gefäße bei Schwerstverletzten (ISS ≥ 16) liegt in der betrachteten Population mit 6,6% und 10 % in der Untergruppe der Motorradfahrer deutlich über den Angaben der Literatur. Weiterhin zeigte sich, dass die in der Literatur aufgeführten Screeningkriterien - insbesondere das Kriterium HWS-Verletzung -keine ausreichende Sensitivität bieten.

Ein standardmäßiges Screening der hirnversorgenden Gefäße könnte hier sinnvoll erscheinen.