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Präoperative Risikofaktoren in der Endoprothetik: Ein prospektives Risikomodell zur Abschätzung von Komplikationen
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Veröffentlicht: | 23. Oktober 2017 |
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Fragestellung: Der endoprothetische Gelenkersatz ist eine der erfolgreichsten Operationen der letzten fünfzig Jahre und trägt entscheidend zur Verbesserung der Lebensqualität im Alter bei. Hauptverursacher für den medizinischen Ressourcenverbrauch bei diesen Eingriffen sind dabei postoperative Komplikationen, sowie eine verlängerte Liegedauer, was eine Belastung für den Patienten und das Gesundheitssystem bedeutet.
Eine fundierte Stratifizierung des individuellen peri- und postoperativen Risikos ist somit essentiell für eine strategische Ressourcenallokation, eine optimierte Patientenbehandlung und ein vorausschauendes internes und klinikübergreifendes Qualitätsmanagement.
Ziel der Studie war es, anhand präoperativer Faktoren ein prospektives Risikomodell zur Abschätzung peri- und postoperativer Komplikationen bei Prothesenpatienten zu erstellen.
Methodik: In die retrospektive, statistische Studie wurden alle Patienten eingeschlossen, die im Zeitraum von 2008 bis 2012 an unserer Klinik mit Primärimplantation oder Wechsel einer Kniegelenks-Endoprothese versorgt wurden.(n=649). Als potentielle präoperative Prädiktoren wurden Patientendaten (Alter, Geschlecht, etc.), prä-OP Labor, Komorbiditäten, ASA, OP-Dauer sowie die OP-Risikoklasse erfasst.
Als postoperative Komplikationen wurden IMC- und ICU-Aufenthalt, die Überschreitung der Gesamtliegedauer gemessen an der mittleren und oberen Grenzverweildauer (Langlieger bzw. Überlieger), der postoperative Transfusionsbedarf (EK, TK, FFP) sowie sonstige unerwünschte Ereignisse (TVT, Lungenembolie, akuter Myokardinfarkt, SIRS, etc.) definiert.
Zur Ermittlung der signifikanten Einflussgrößen wurde ein logistisches Regressionsmodell, sowie eine stepwise backward regression genutzt, und Vorhersagekraft der Prädiktionsmodelle abgeschätzt.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Eine kombinierte Erfassung von Charlson Comorbidity Score, präoperativem CRP, Hämatokrit, Geschlecht und OP-Risikoklasse prognostizierte am ehesten eine postoperative Verlegung auf die IMC- oder ICU-Station (R2=0.23). Den postoperativen Transfusionsbedarf sagte am besten die Erfassung von präoperativem Hämatokritwert, CRP, dem Charlson Comorbidity Index und der OP-Risikoklasse voraus (R2=0.20). Die Kombination von Charlson Comorbidity Score, CRP und Leukozyten waren die besten Prädiktoren für das Auftreten eines unerwünschten postoerativen Ereignisses (R2=0.19).
Die Prädiktion der Liegedauer gelang verhältnismäßig schlecht: präoperative Leukozyten, Hämoglogbinwert, CRP und Functional Comorbidity Index konnten das Überschreiten der mittleren Grenzverweildauer anzeigen (R2=0.04), OP-Risikoklasse, Hämatokritwert, Leukozytenwert, und Functional Comorbidity Index das Überschreiten der oberen Grenzverweildauer (R2=0.10).
Mittels prospektiver Erfassung dieser wenigen präoperativen Faktoren könnte in Zukunft eine bessere Risikoprognose für Knie-TEP Patienten erfolgen. Eine multizentrische Folgestudie sollte dieses Instrument validieren.