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Gelenkerhalt um jeden Preis? Proximaler und distaler Femurersatz in der septischen Revisionschirurgie
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Veröffentlicht: | 23. Oktober 2017 |
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Fragestellung: Mit steigender Anzahl der Wechsel- und Revisionsoperationen in der Endoprothetik an Knie und Hüfte, kommen zunehmend modulare Implantate, Megaprothesen und metallischer Knochenersatz zum Einsatz, um den resultierenden ossären Verlust auszugleichen. Kommt es zu einer periprothetischen Infektion, stellt sich die Frage, ob ein Erhalt der Gelenkfunktion noch möglich ist. Das Ziel der vorliegenden Studie ist die Evaluation des Outcomes nach durchgeführtem distalen (dFE) bzw. proximalen Femurersatz (pFE) nach mehrzeitiger Infektionssanierung an Hüfte und Knie und verbliebenem Knochensubstanzdefekt.
Methodik: In der Zeit von 2008 bis 2016 wurden insgesamt 42 Patienten mit periprothetischem Knie- bzw. Hüftgelenksinfekt und resultierendem Knochensubstanzdefekt in mehrzeitigem Vorgehen mittels distalem Femeruersatz (dFE; 18 Patienten, m/w 8/10) bzw. proximalem Femurersatz (pFE, 24 Patienten , m/w 8/16) behandelt. Das mittlere Patientenalter zum Zeitpunkt der OP betrug 64,7 Jahre (min/max 31-83, SD 10,6). Der mittlere Nachbeobachtungszeitraum betrug 22,8 Monate (min/max 10-99, SD 23,6). Für das distale Femur wurden die Implantate Segmental Knee (Zimmer, Freiburg, Deutschland) oder MUTARS KRI (Implantcast, Buxtehude, BRD), für das proximale Femur MRP-Titan (Brehm, Weisendorf, BRD), Mutars (Implantcast) und Revitan (Zimmer) verwendet.
Ergebnisse: Haupterreger in den Gewebeproben am Knie waren Staph. epidermidis (28,9%), Staph. aureus (15,8%) und Enterococcus faecalis (13,2%). An der Hüfte zeigte sich ein vergleichbares Keimspektrum mit Staph. epidermidis (30,8%), E.Coli (15,3%) und Enterococcus faecalis (7,7%).
Proximaler Femurersatz: Die durchschnittliche Zeit bis zur Implantation des pFE nach Explantation der infizierten Primärprothese betrug 140 Tage (SD 120) nach durchschnittlich 2,9 Etappenevisionen (min/max 1-7, SD 1,9). Eine Beruhigung der Infektion konnte in 66% und ein Gelenkerhalt mittels pFE in 88% der Fälle erreicht werden. Bei 3 Patienten (12%) musste aufgrund einer Rezidivinfektion die Prothese nach einer mittleren Standzeit von 21 Monaten (min/max 9-36, SD 14) explantiert werden.
Distaler Femurersatz: Die durchschnittliche Zeit bis zur Implantation des dFE nach Explantation der infizierten Primärprothese betrug 80 Tage (SD 49) nach durchschnittlich 2,5 Etappenevisionen (min/max 1-8, SD 2). Eine Beruhigung der Infektion konnte in 50% erreicht werden. Bei 8 Patienten (44%) musste aufgrund einer Rezidivinfektion die Prothese nach einer mittleren Standzeit von 20 Monaten (min/max 2-49, SD 16) explantiert werden (4x Distanzarthrodese; 4x Oberschenkelamputation).
Schlussfolgerung: Knochensubstanzdefekte nach septischer Revision stellen Extremsituationen in der Endoprothetik dar. Im Gegensatz zum proximalen Femurersatz zeigen unsere Daten deutlich höhere Revisionsraten und eine geringere Infektberuhigung sowie Standzeit des distalen Femurersatz. Hier sollte ein Gelenkerhalt kritisch betrachtet werden und eine Distanzarthrodese erwogen werden.