Artikel
Das Wirbelsäulentrauma – denken wir präklinisch oft genug daran?
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 23. Oktober 2017 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung: Das Behandlungsergebnis von Wirbelsäulenverletzungen wird nicht zuletzt durch eine frühzeitige und richtige Diagnosestellung beeinflusst. Eine Auswertung des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie konnte zeigen, dass bei knapp der Hälfte von wirbelsäulenverletzten Patienten die Wirbelsäule vom Notarzt präklinisch als unverletzt eingeschätzt wurde (Schinkel et al., 2007). Bei der Verwendung von Protokollen präklinisch mit entsprechenden Algorithmen zur Immobilisation des Patienten lag der Anteil der präklinisch nicht erkannten Wirbelsäulenverletzungen bei lediglich 5,1- 13% (Burton et al., 2006; Domeier et al. 2002)
Die vorliegende Arbeit evaluierte die Versorgungsqualität frischer traumatischer Frakturen der thorakalen und lumbalen Wirbelsäule. Ziel war es zu untersuchen, wie treffend die präklinische Einschätzung des vorliegenden Verletzungsmusters im untersuchten Patientengut war und inwiefern eine Fehleinschätzung Behandlung und Outcome beeinflussten.
Methodik: Es wurden die Daten von 65 Patienten aus 5 Jahren ausgewertet, davon konnten 28 Patienten auch klinisch nachuntersucht werden.
Anhand der Notarzt- bzw. Einsatzprotokolle wurde die präklinische Verdachtsdiagnose einer Wirbelsäulenverletzung festgestellt, der Zusammenhang zwischen korrekter präklinischer Verdachtsdiagnose und Unfallmechanismus wurde ausgewertet. Das Outcome der Patienten wurde u.a. mit entsprechenden Scores objektiviert. Hier fanden der Hannover Wirbelsäulenscore, der Functional Rating Index sowie der Oswestry Low Back Pain Disability Questionnaire Anwendung.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im untersuchten Kollektiv wurden 73,68% der Patienten präklinisch richtig als wirbelsäulenverletzt eingeschätzt, bei 26,32% der Patienten wurden die vorliegenden Wirbelsäulenverletzungen nicht vermutet, entsprechende Maßnahmen zur Immobilisation nicht konsequent eingeleitet. Bei Verkehrsunfällen oder bei Stürzen aus großer Höhe wurde präklinisch sehr viel häufiger eine korrekte Verdachtsdiagnose gestellt als bei Bagatelltraumata.
Betreffend der operativen Versorgung zwischen präklinisch korrekt und nicht korrekt eingeschätzten Patienten gab es keinen Unterschied.
Die Betrachtung des Outcomes anhand der drei angewandten Scores erbrachte folgend signifikant bessere Ergebnisse (p<0,05) für die präklinisch korrekt eingeschätzte Patientengruppe. Hier erreichten die präklinisch als wirbelsäulenverletzt erkannten Patienten im Hannover Wirbelsäulenscore im Durchschnitt 63,78 von 100 möglichen Punkten, während die unverletzt eingeschätzten Patienten nur 55 von 100 Punkten erreichten. Im Functional Rating Index als auch beim Oswestry Low Back Pain Disability Questionnaire, bei den in beiden Fällen eine niedrigere Punktzahl mit einem besseren Outcome korreliert, erreichten die präklinisch korrekt eingeschätzten Patienten 29,10% (vs. 40,75%) bzw. 24,29% (vs. 30%) der möglichen Punkte.
Die präklinisch richtige Einschätzung des wirbelsäulenverletzten Patienten erscheint daher in Bezug auf das Outcome sehr wichtig.