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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2015)

20.10. - 23.10.2015, Berlin

Der Rechtsmediziner in der Zentralen Notaufnahmen. Eine ungenutzte Option?

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Gerald Pliske - Uni-Klinik für Unfallchirurgie, Magdeburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2015). Berlin, 20.-23.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocPO30-842

doi: 10.3205/15dkou836, urn:nbn:de:0183-15dkou8364

Veröffentlicht: 5. Oktober 2015

© 2015 Pliske.
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Gliederung

Text

Fragestellung: In der Zentralen Notaufnahme (ZNA) ist das Personal nicht selten mit Opfern von Gewaltverbrechen konfrontiert. Neben der medizinischen Versorgung des Patienten ist die Verdachtsäußerung sowie eine genaue Befunderhebung und -dokumentation notwendig, die im Falle eines Rechtsverfahrens aussagekräftig sind. Häufig bedarf es zur Beweissicherung professioneller Hilfe in Form eines Rechtsmediziners, da die Ausbildung des Personals der ZNA dahingehend nicht ausreichend ist. Wie häufig und von welchen Kliniken der Rechtsmediziner konsultiert wird, wurde am Beispiel der ZNA des Uniklinikums XXX aufgearbeitet.

Methodik: In dieser retrospektiven Studie wurden insgesamt 67 (37m, 30w) Konsile der Rechtsmedizin aus dem Zeitraum 2012 bis 2014 betrachtet. Es handelte sich dabei um Patienten, die notfallmäßig aufgenommen und entweder gleich oder zu einem späteren Zeitpunkt bei V.a. eine Straftat vom Rechtsmediziner gesehen wurden. Betrachtet wurden die Konsilsteller, der Grund des Konsils sowie die Daten der Landeskriminalstatistik XXXt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die überwiegende Anzahl (80,6%) der Konsile wurden für Personen unter 18 Jahren gestellt. Es zeigt sich ein signifikant hoher Anteil an Konsilanforderungen aus den Bereichen der Kinderheilkunde sowie Institutionen außerhalb der Kliniken (Frauenhäuser, Jugendamt etc.).

Bei der Fragestellung der Konsile handelt es sich überwiegend um Fälle von Kindesmissbrauch oder Kindesmisshandlung (64,7%). Die Fragestellung aus den Bereichen der Unfallchirurgie (Rohheitsdelikte und unklare Unfallursache) haben nur einen geringen Stellenwert (19,1%). Mittels Chi-Quadrat-Test wurden die Zahlen aus Magdeburg mit der Landeskriminalstatistik XXX verglichen. Dabei fällt auf, dass im Vergleich mit dem Landesdurchschnitt statt 9 insgesamt 18 Gewaltverbrechen in der ZNA zu erwarten gewesen wären.

Die überwiegende Mehrheit der forensischen Untersuchungen wurde aus den Bereichen der Kinderheilkunde angefordert. Die Anzahl der Konsile übersteigt dabei sogar die zu erwartende Anzahl laut Kriminalstatistik.

Jedoch bleibt die Anzahl der Konsile mit traumatischem Hintergrund deutlich hinter den Erwartungen zurück. Obwohl nicht jedes Gewaltverbrechen bei Erwachsenen zu einer Krankenhausbehandlung führt, so ist doch ein höheres Patientenaufkommen mit dem Hintergrund einer Straftat zu erwarten. Es ist anzunehmen, dass nicht jedes Opfer eines Gewaltverbrechens, das in der ZNA behandelt wird, einem Rechtsmediziner vorgestellt wird. Im Falle eines Verfahrens kann es zu Nachteilen für das Opfer aufgrund mangelnder Beweise und Dokumentation kommen. Bei V.a. eine Straftat oder bei unklarem Unfallmechanismus sollte daher eine Konsultation der Rechtsmedizin erfolgen oder das Personal der ZNA hinsichtlich des Umgangs mit der Beweismittelsicherung und der forensischen Dokumentation geschult werden.