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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2015)

20.10. - 23.10.2015, Berlin

Charakterisierung von Gewaltopfern unter unfallchirurgischen Notfallpatienten und Inanspruchnahme einer neu geschaffenen rechtsmedizinischen Gewaltopferambulanz

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Anja Bergermann - Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Unfall- und Handchirurgie, Düsseldorf, Germany
  • Hildegard Lilly Graß - Universitätsklinikum Düsseldorf, Institut für Rechtsmedizin, Düsseldorf, Germany
  • Jeannie Jungnitsch - Universitätsklinikum Düsseldorf, Institut für Rechtsmedizin, Düsseldorf, Germany
  • Jan Graßmann - Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Unfall- und Handchirurgie, Düsseldorf, Germany
  • Joachim Windolf - Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Unfall- und Handchirurgie, Düsseldorf, Germany
  • Pascal Jungbluth - Uniklinik Düsseldorf, Klinik für Unfall- und Handchirurgie, Düsseldorf, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2015). Berlin, 20.-23.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocPO30-1404

doi: 10.3205/15dkou834, urn:nbn:de:0183-15dkou8342

Veröffentlicht: 5. Oktober 2015

© 2015 Bergermann et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Für Patienten, die Opfer von Gewalt geworden sind, ist häufig die Notaufnahme eines Krankenhauses der erste Anlaufpunkt. Sie erwarten dort die medizinische Versorgung ihrer erlittenen Verletzungen, aber auch eine Dokumentation der Verletzungsfolgen, welche für eine gerichtliche Verfolgung der Taten von Bedeutung ist. Ziel dieser Studie war die Charakterisierung von Gewaltopfern in der chirurgischen Notfallambulanz und die Inanspruchnahme einer neu implementierten rechtsmedizinischen Gewaltopferambulanz eines überregionalen Traumazentrums in einer deutschen Großstadt zur Dokumentation von Verletzungsfolgen zu untersuchen.

Methodik: Die Daten wurden im Rahmen einer prospektiven Erfassung von Gewaltopfern in der chirurgischen Notfallambulanz im Zeitraum von 2007 bis 2010 erfasst. Retrospektiv wurden die Patientendaten dann hinsichtlich Alter, Geschlecht, Zeitpunkt der Vorstellung, Diagnose, Hintergrund der Gewalt und vorhandene Aufklärung über das Angebot einer Gewaltopferambulanz untersucht und statistisch ausgewertet. Unter den Patienten, die sich von 2007 bis 2009 in der Gewaltopferambulanz vorgestellt haben wurden diejenigen, bei denen die Chirurgie des Zentrums als Informationsgeber fungierte, retrospektiv erfasst und die Daten statistisch ausgewertet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im Zeitraum von 2007 bis 2010 wurden insgesamt 189 Patienten (davon 108 männlich =57,1%, 81 weiblich = 42,9%) als Gewaltopfer in die Dokumentation aufgenommen. Das Durchschnittsalter betrug 31,62 Jahre (4-68 Jahre). 66,1% (n=125) der Gewaltopfer stellten sich zwischen 18:00 und 6:00 Uhr außerhalb der normalen Dienstzeit in der Notfallambulanz vor. 22,2% (n=42) der Patienten erlitten häusliche Gewalt, 23,9% (n=45) öffentliche Gewalt und bei 54% (102) konnte keine derartige Zuordnung erfolgen. Bei 111 Patienten (68,7%) wurde dabei eine Schädelprellung oder eine Gehirnerschütterung diagnostiziert. Frakturen erlitten 39 Patienten (20,6%). Weitere häufige Diagnosen waren Prellungen im Rumpf- und Extremitätenbereich (15,9 und 20,1 %).

Im Zeitraum 2007 bis 2009 ist bei 126 von 176 Patienten dokumentiert, dass eine Aufklärung über das Angebot der Gewaltopferambulanz erfolgt ist und ein Informations-Flyer übergeben wurde. In diesem Zeitraum stellten sich insgesamt 54 Patienten mit Überweisung aus der Unfallchirurgie in der Gewaltopferambulanz vor. Dieses entspricht insgesamt einer Inanspruchnahme von 30,7% unter allen Gewaltopfern und einer von 43% bei denjenigen, die über das Angebot aufgeklärt worden sind. Dabei zeigte sich im Jahre 2007 bei 38 aufgeklärten Patienten eine Inanspruchnahme von 42%, 2008 mit 19 Patienten eine von 36% und 2009 bereits eine von 54% bei 35 aufgeklärten Patienten.

Gewaltopfer stellen sich häufig außerhalb normaler Dienstzeiten in der chirurgischen Notfallambulanz vor. Dabei dominieren eher leichte Verletzungen. Eine rechtsmedizinische Begutachtung wird von diesen Patienten in hohem Maße in Anspruch genommen, insbesondere wenn eine ausführliche Aufklärung über das Angebot erfolgte.