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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2015)

20.10. - 23.10.2015, Berlin

Osteologisch-interdisziplinäres Management am Beispiel einer bilateralen proximalen Humerusfraktur

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Carl Neuerburg - Klinik für Allg.-, Unfall-, Hand- und Plastische Chirurgie, Klinikum der LMU München, München, Germany
  • Katharina Pietschke - Klinik für Allg.-, Unfall-, Hand- und Plastische Chirurgie, Klinikum der LMU München, München, Germany
  • Ulla Stumpf - Klinik für Allg.-, Unfall-, Hand- und Plastische Chirurgie, Klinikum der LMU München, München, Germany
  • Sandra Sommerey - Klinik für AVTGT-Chirurgie, Klinikum der LMU, München, Germany
  • Ralf Schmidmaier - Medizinische Klinik und Poliklinik IV, Klinikum der LMU, München, Germany
  • Ben Ockert - Klinik für Allg.-, Unfall-, Hand- und Plastische Chirurgie, Klinikum der LMU München, München, Germany
  • Wolfgang Böcker - Klinik für Allg.-, Unfall-, Hand- und Plastische Chirurgie, Klinikum der LMU München, München, Germany
  • Florian Haasters - Klinik für Allg.-, Unfall-, Hand- und Plastische Chirurgie, Klinikum der LMU München, München, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2015). Berlin, 20.-23.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocPO19-192

doi: 10.3205/15dkou678, urn:nbn:de:0183-15dkou6785

Veröffentlicht: 5. Oktober 2015

© 2015 Neuerburg et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung nehmen Osteoporose-assoziierte Frakturen stetig zu. Neben der chirurgischen Frakturversorgung sind fundierte osteologische Diagnostik und Behandlung wesentliche Bestandteile einer erfolgreichen Therapie und entscheidend für die Prävention weiterer Frakturen. Der vorliegende Fall einer Osteoporose-assoziierten zweizeitigen, bilateralen proximalen Humerusfraktur verdeutlicht die Bedeutung des interdisziplinären osteologischen Zentrums für eine multidisziplinäre Versorgung älterer unfallchirurgischer Patienten.

Methodik: Ein 62 jähriger Patient wurde aufgrund einer linksseitigen dislozierten proximalen Humerusfraktur (AO11-B2) mittels winkelstabiler Plattenosteosynthese versorgt. Die Osteoporose Diagnostik gemäß leitliniengerechtem Klinikalgorithmus ergab einen T-Wert von -2,5 SD am prox. Femur sowie einen primären Hyperparathyroidismus (Calzium im Serum 2,88 mmol/l, ipTH 157 pg/ml) und einen Vitamin D-Mangel (12,3 ng/ml) bei sonographischem Nachweis eines Nebenschilddrüsenadenoms. Folglich wurde eine Parathyreoidektomie indiziert und eine Vitamin D Substitution eingeleitet. Im Verlauf kam es aufgrund der reduzierten Knochenqualität zu einer sekundären Varusdislokation von 15°, die eine vorzeitige partielle Materialentfernung erforderte. Noch während der präoperativen Vorbereitung kam es durch einen Stolpersturz zu einer nahezu identischen proximalen Humerusfraktur (AO11-B2) auf der Gegenseite.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Aufgrund der Erkenntnisse über die reduzierte Knochenqualität wurde die Folgefraktur auf der rechten Seite mittels Zement-augmentierter winkelstabiler Plattenosteosynthese versorgt. Nach anschließender Parathyreoidektomie zeigte sich eine rasche Normalisierung des Calcium- und Parathormonspiegels (2,41 mmol/l bzw. 18,9 pg/ml) und ein Anstieg des 25-OH-Vitamin-D auf 33,0 ng/ml. Ein Jahr postoperativ zeigte sich bei radiologischer Konsolidierung links ein exzellentes funktionelles Ergebnis (Constant Score (CS)=96/100). Rechtsseitig war vier Monate postoperativ bei anatomischer Reposition eine regelrechte Frakturkonsolidierung ohne sekundäre Dislokation bei funktionell gutem (CS=90/100) Ergebnis nachweisbar.

Im vorliegenden Fall einer proximalen Humerusfraktur konnte durch eine interdisziplinäre osteologische Abklärung ein primärer Hyperparathyreoidismus als Grunderkrankung identifiziert und therapiert werden. Außerdem führten die Erkenntnisse über die reduzierte Knochenqualität zu einer Adaptation der unfallchirurgischen Therapie einer nahezu identischen Folgefraktur, wodurch Osteoporose-typische Komplikationen vermieden werden konnten. Folglich führte die Behandlung dieses Patienten in einem osteologischen Schwerpunktzentrum in dem vorliegenden Fall zu einer multimodalen Therapie der Grunderkrankung und zu einer optimierten unfallchirurgischen Versorgung einer zeitnahen identischen Folgefraktur.