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Langsame Korrektur einer spastischen lumbalen Hyperlordose unter Verwendung von magnetischen Distraktionsstäben
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Veröffentlicht: | 5. Oktober 2015 |
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Fragestellung: Die Entscheidung zwischen einer alleinigen intraoperativen Korrektur versus einer langsamen Vorkorrektur mittels externer skeletaler Traktion mit nachfolgender operativer Restkorrektur muss bei schweren Wirbelsäulendeformitäten regelmäßig getroffen werden. Bei der kindlichen Wirbelsäule müssen aufgrund der noch inkompletten Lungenentwicklung oft auch bei der operativen Versorgung wachstumslenkende Systeme eingesetzt werden, was bei Erwachsenen typischerweise nicht notwendig ist. Im Bereich dieser Wachstumssysteme sind in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt worden, welche die komplikationsbehafteten multiplen Verlängerungsoperationen durch eine magnetisch gesteuerte, perkutane Distraktion ersetzen. Bislang sind solche Systeme lediglich für Kinder im Wachstumsalter zugelassen und nur in wenigen Einzelfällen bei Erwachsenen eingesetzt worden.
Methodik: Therapeutischer Einzelfallbericht außerhalb der zugelassenen Indikation für das betreffende Medizinprodukt.
Wir entschlossen uns zum Einsatz dieses Systems bei einer erwachsenen Patientin mit spastischer Zerebralparese und einer progredienten und therapierefraktären lumbalen Hyperlordose von 150°. Die Indikation zum operativen Vorgehen wurde nach Versagen von diversen Korsetts und gezielter Botox-Behandlungen getroffen. Hauptgründe waren eine zunehmende Sitzunfähigkeit und Schmerzen an der Bauchdecke bedingt durch das Vorpressen des Kurvenapex und der Gefäßbifurkationen von innen. Dieser Bericht beschreibt den Fall mit seinen spezifischen Herausforderungen, den denkbaren Behandlungsalternativen, der Rationale für und den Verlauf mit der gewählten Methode.
In einem ersten dorsalen Eingriff wurde ein radikales Release von Faszien, Muskeln, interspinösen Bändern und den lumbalen Facettengelenken mit langsamer, intraoperativer Vordehnung durchgeführt. Diese erst ermöglichte das Platzieren von Schrauben in Os ilium und Sakrum als kaudale Anker. Kranial wurde in der unteren BWS eine stabile Verankerung mit Pedikelschrauben und sublaminären Bändern konstruiert. Über Querachsen wurde mit 2 perkutan distrahierbaren MAGEC-Stäben ein achsgelagertes Distraktionssystem gesetzt mit den Magnetmotoren in subkutaner Position. Nach abgeschlossener Wundheilung erfolgte die langsame, magnetgesteuerte weitere Distraktion über einen Verlauf von 3 Monaten woran sich der abschließende, rein dorsale Fusionseingriff anschloss.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Unsere Erfahrung mit diesem Fall zeigt, dass unter bestimmten Umständen für Kinder entwickelte motorische Wachstumssysteme auch für die langsame Korrektur komplexer Wirbelsäulendeformitäten bei Erwachsenen geeignet sind. Wir sehen klare Vorteile in einer langsamen Korrektur hinsichtlich des neurologischen Risikos beim Ersteingriff, der Steuerbarkeit des Endpunkts und der besseren Anpassung des biologischen Systems Wirbelsäule. Die Berücksichtigung der viskoelastischen Eigenschaften der Bandscheiben und eine langsame Normalisierung deren pathologischen Hyperdistraktion waren in diesem Fall wesentlich.