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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2015)

20.10. - 23.10.2015, Berlin

Risiko einer atypischen Femurschaftfraktur unter und nach Bisphosphonattherapie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Veronika Koeppen - Klinikum rechts der Isar, München, Germany
  • Jörg Schilcher - Linköping University, Linköping, Sweden
  • Per Aspenberg - Linköping University, Linköping, Sweden
  • Karl Michaëlsson - Uppsala University, Uppsala, Sweden

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2015). Berlin, 20.-23.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocWI44-1608

doi: 10.3205/15dkou301, urn:nbn:de:0183-15dkou3017

Veröffentlicht: 5. Oktober 2015

© 2015 Koeppen et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Bisphosphonattherapie bei Frauen geht mit einem erhöhten Risiko für atypische Femurschaftfrakturen einher. Die Risikostruktur bei Männern ist unklar. Ferner steht offen ob verschiedene Bisphosphonate unterschiedliche Risikoprofile bergen und inwiefern die Therapiedauer das Risiko beeinflusst.

Methodik: In einer retrospektiven, landesweiten Studie wurden alle Patienten ältere 55 Jahre, welche in Schweden wegen einer subtrochantären Femurfraktur oder Femurschaftfraktur (ICD-10 S720-S724) zwischen 2008-2010 behandelt wurden, erfasst. Von den 5342 Männer und Frauen hatten 97% der Patienten suffizient verwertbare Röntgenbilder. Insgesamt konnten 172 atypische Femurschaftfrakturen identifiziert werden. Die Kriterien hierzu sind die laterale Lokalisation im Femurschaft, mit lokaler Kallusbildung und einer horizontal verlaufenden Frakturlinie. Nach erfolgter Klassifikation der Röntgenbilder wurden anhand des schwedischen Patientenregisters die genauen Nebendiagnosen und medikamentösen Anordnungen der Patienten erfasst. Das bisphosphonatassoziierte Risiko einer atypischen Femurschaftfraktur wurde anhand einer landesweiten Kohortenstudie berechnet. Zusätzlich wurde eine Fall-Kontroll-Studie durchgeführt wobei die 172 Patienten mit atypischen Femurschaftfrakturen, mit 952 Patienten mit gewöhnlichen Femurschaftfrakturen verglichen wurden.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Das alterskorrigierte relative Risiko (RR) einer bisphosphonatassoziierten atypischen Femurschaftfraktur war bei Frauen 55 (95% Konfidenzintervall (KI) 39-79) und bei Männern 54 (95% KI 12-192). Bei Patienten mit Bisphosphonatmedikation zeigten Frauen ein drei Mal so hohes Risiko (RR 3.08; 95% KI 1.13-8.42) wie Männer. Dies könnte an geschlechtsspezifischen Unterschieden in der mechanischen Belastung liegen. Durch einen verhältnismäßig schmaleren Schaft bei breiterem Becken, wirken bei Frauen höhere Scherkräfte am lateralen Femurschaft.

Patienten unter Alendronattherapie hatten ein höheres Risiko als Patienten unter Risedronattherapie (RR 1.94; 95% KI, 1.13-3.32). Möglicherweise sind hier die gleichmäßigere Verteilung im Skelett und kürzere Halbwertszeit von Risedronat ausschlaggebend.

Das Risiko für eine atypische Femurschaftfraktur stieg mit zunehmender Einnahmedauer stetig. Das RR betrug nach vier oder mehr Jahren Bisphosphonattherapie 126 (95% KI, 55-288). Dies spiegelte sich auch in dem absoluten Risiko von 11(95% KI, 7-14) atypischen Femurfrakturen pro 10,000 Personenjahre wieder. Nach Absetzen der Medikation verringerte sich das Risiko um 70% pro Jahr seit der letzten Einnahme (multivariabel korrigierte Odds Ratio 0.31; 95% KI, 0.27-0.35). Der drastische Risikoanstieg unter prolongierter Bisphosphonattherapie eine atypische Femurschaftfraktur zu erleiden, zeigt im Gegenzug bei Langzeiteinnahme keine Risikoreduktion von gewöhnlichen osteoporotischen Frakturen. So denn das Nutzen Risiko Verhältnis zu Beginn der Therapie bei geeigneter Indikation noch sehr günstig ist, könnte dies bei prologierter Therapie invertiert werden.