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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2015)

20.10. - 23.10.2015, Berlin

Einführung eines neuartigen Prognosescores zur Abschätzung der 1-Jahres-Überlebensrate nach proximaler Femurfraktur

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Christopher Bliemel - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany
  • Robert Sielski - Fachbereich Psychologie Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany
  • Bettina Doering - Fachbereich Psychologie Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany
  • Richard Dodel - Klinik für Neurologie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany
  • Benjamin Bücking - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany
  • Steffen Ruchholtz - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2015). Berlin, 20.-23.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocWI38-277

doi: 10.3205/15dkou240, urn:nbn:de:0183-15dkou2404

Veröffentlicht: 5. Oktober 2015

© 2015 Bliemel et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Frakturen des proximalen Femurs stellen eine typische Verletzung des geriatrischen Patienten dar. Trotz des großen Aufwandes welcher zur Behandlung dieser Patienten betrieben wird, sind die Langzeitergebnisse nach wie vor enttäuschend.

Die vorliegende Studie stellt einen neuartigen Prognosescore vor, welcher es erlaubt bereits präoperativ das Einjahres-Überleben von geriatrischen Patienten mit proximaler Femurfraktur abzuschätzen.

Methodik: 402 Patienten mit proximaler Femurfraktur älter gleich 60 Jahre wurden prospektiv erfasst. Neben sozio-demographischen Daten (z.B. Alter, Geschlecht, Wohnstatus) wurden unter anderem der Frakturtyp, die Art der operativen Versorgung, ASA Score, EQ-5D Index, Mini-Mental State Test (MMST), die Krankenhausverweildauer sowie postoperative Komplikationen erfasst.

Vor Berechnung des Scores wurde das Überleben 12 Monate post OP als Ergebnisvariable definiert. Anschließend erfolgte eine univariate logistische Regression für alle Prädiktoren, wobei sich für signifikante Parameter eine multivariate logistische Regression anschloss. Signifikante Variablen wurden entsprechend ihrer Odds Ratio (OR) gewichtet und so der Prognosescore erhoben. Der Score kann Werte von 0-18 Punkten annehmen.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Als unabhängige Prädiktoren für ein Überleben ein Jahr nach proximaler Femurfraktur konnten 5 Parameter identifiziert werden: ASA Score; EQ-5D Index; MMST; weibliches Geschlecht; osteosynthetische Versorgung.

Die OR zu überleben lag für ASA 1 oder 2 Patienten, bzw. ASA 3 Patienten bei 6,656 (95% CI: 2,333-18,995) bzw. 6,025 (95% CI: 2,598-13,973) verglichen zu ASA 4 oder 5 Patienten. Für Patienten mit einem EQ-5D Index >0,80 bzw. 0,61-0,80 betrug die OR zu überleben 2,614 (95% CI: 1,349-5,064) bzw. 1,046 (95% CI: 0,486-2,251) verglichen zu Patienten mit einem EQ-5D Index von kleiner gleich 0.60. Patienten ohne kognitive Einschränkungen (MMST 27-30) hatten eine OR von 3,687 (95% CI: 1,566-8,861 gegenüber schwer dementen Patienten (MMST <10). Patienten mit einem MMST von 20-26 oder 10-19 zeigten eine OR von 2,928 (95% CI: 1,334-6,429) bzw. 1,169 (95% CI: 0,492-2,776) gegenüber Patienten mit einem MMST von <10. Frauen hatten einen Vorteil im Überleben verglichen zu Männern bei einer OR von 2,162 (95% CI: 1,187-3,938). Ebenso zeigte sich eine osteosynthetische Versorgung gegenüber der prothetischen Versorgung als prognostisch günstiger, bei einer OR von 1,840 (95% CI: 1,035-3,271). Die ROC Kurve des Scores ergab eine Area Under the Curce (AUC) von 0,774.

Der errechnete Score stellt ein neuartiges Werkzeug dar welches erlaubt, bereits mit wenigen Tests bei stationärer Aufnahme des Patienten, das Einjahres-Überleben nach proximaler Femurfraktur vorauszusagen. In einer Folgestudie wird der Score evaluiert und ggf. optimiert werden. Er kann für die behandelnden Ärzte eine entscheidende Hilfe sein, um die zu erwartende Prognose dieses vulnerablen Patientenkollektivs besser einschätzen zu können.