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Neurologische Defizite, hervorgerufen durch pathologische Wirbelkörperfrakturen bei multipler Wirbelsäulenmetastasierung – hat die frühzeitige operative Intervention einen Einfluss auf das neurologische Outcome?
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Veröffentlicht: | 2. Oktober 2012 |
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Fragestellung: Bei malignen Erkrankungen kommt es in ca. 70% der Fälle zum Auftreten von Metastasen. In 30-60% finden sich dabei die Metastasen in der Wirbelsäule, dem Ort der häufigsten Ausbreitung im Skelettsystem. Neben der meist ausgeprägten Schmerzsymptomatik bergen Osteolysen und pathologische Wirbelfrakturen die Gefahr instabilitätsbedingter akuter neurologischer Ausfälle. Im Folgenden soll das neurologische Outcome operierter Patienten mit nicht traumatischer Querschnittslähmung (Frankel A–C) betrachtet werden.
Methodik: In den Jahren 2002-2006 wurden 20 Patienten (10w, 10m) mit akuter nicht traumatischer Querschnittslähmung (Frankel A–C), hervorgerufen durch Wirbelsäulenmetastasen verschiedener Primärtumore operativ behandelt. Insgesamt verteilten sich die neurologischen Defizite wie folgt: 6/20 Frankel A (30%), 8/20 Frankel B (40%) und 6/20 Frankel C (30%). Alle Patienten wiesen ein fortgeschrittenes Tumorgeschehen mit multipler ossärer und visceraler Metastasierung auf. Meist war die BWS (80%), seltener die HWS (15%) und LWS (5%) betroffen. Die operative Stabilisierung erfolgte durch langstreckige Instrumentierung und Dekompression, bei 5/20 (25%) innerhalb der ersten 24 Std., bei 10/20 (50%) zw. 24-48 Std. 5/20 (25%) Patienten mussten aufgrund der reduzierten Gesamtsituation über einen längeren Zeitraum konditioniert werden.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Bei keinem der 20 Patienten konnte direkt postoperativ eine komplette Remission der neurologischen Defizite beobachtet werden. Lediglich bei 4/20 (20%) ergab sich eine Besserung der Ausgangssituation (3x Frankel C zu D, 1x Frankel B zu C) unabhängig vom Versorgungszeitpunkt, bei 12/20 (60%) blieb die Querschnittsymptomatik unverändert, bei 4/20 (20%) kam es sogar zu einer Verschlechterung (3x Frankel C zu B, 1x Frankel B zu A), ebenfalls unabhängig vom OP-Zeitpunkt. Auch nach durchschnittlich 6 Monaten trat keine wesentliche Befundveränderung ein. Bezüglich der präoperativen Schmerzsymptomatik gaben jedoch 16/20 (80%) eine Besserung zum Ausgangsbefund an.Es hat sich gezeigt, dass eine Remission höhergradiger neurologischer Defizite durch eine operative Stabilisierung mit Dekompression eher nicht erreicht werden kann. Einen klaren Zusammenhang zwischen OP-Zeitpunkt und neurologischen Outcome konnten wir nicht feststellen. Teilweise besteht, insbesondere im thorakalen Bereich, sogar die Gefahr der Verschlechterung durch das Operationstrauma. Umso wichtiger ist, Wirbelsäulenmetastasen frühzeitig zu erkennen und zu therapieren, um neurologische Ausfallerscheinungen zu vermeiden. Dabei ist das Tumorzentrum als interdisziplinäres Gremium gerade unter palliativen Gesichtspunkten essentiell zur frühzeitigen Koordinierung der verschiedenen Therapieansätze.