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Nutzenbewertung eines routinemäßigen Infektiositäts-Screenings vor elektiven orthopädischen Operationen
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Veröffentlicht: | 18. Oktober 2011 |
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Fragestellung: Durch das Tragen von Schutzbrillen und Signalhandschuhen wird versucht bei der Operation eines bekannt infektiösen Patienten das Übertragungsrisiko für bestimmte Viren (HBV, HCV und HIV) durch eine Nadelstich- oder Schnittverletzung zu minimieren. In elektiven Fächern, wie der Orthopädie, setzt sich zunehmend entsprechend der Leitlinien der DGOU zur präoperativen Diagnostik in der Endoprothetik die präoperative Bestimmung des Infektionsstatus für HBV, HCV und HIV durch. Hierdurch können relevante Kosten entstehen. Bei wie vielen Patienten durch diese Maßnahme tatsächlich eine bis dahin unbekannte Infektion neu diagnostiziert werden kann ist bislang wissenschaftlich nicht untersucht.
Methodik: An unserer Klinik wird versucht von jedem Patienten mit Ausnahme der Kinder bei der Indikationsstellung zur Operation eine Testung auf HBV, HCV und HIV durchzuführen. Analysiert wurden retrospektiv die Anzahl der Operationen von 2001-2010 und die Anzahl der tatsächlich erfolgten Screeninguntersuchungen. Ferner wurde die Anzahl der neuentdeckten HBV, HCV und HIV- Infektionen ausgewertet.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Zwischen 2001 und 2010 wurden an unserer Klinik 20.869 Operationen durchgeführt. Nach Ausschluss der kinderorthopädischen Eingriffe und der mehrfach operierten Patienten bleibt eine Anzahl von 17542 Patienten. Im mikrobiologischen Institut lagen von 10.011 Patienten Befunde vor, was einer Screeningquote von 57,6% entspricht. Bei diesen 10.011 gescreenten Patienten kam es in nur 4 Fällen (0,4 ‰) zu einer Neuentdeckung einer bisher unbekannten Infektion. Es handelte sich dabei um einen HBV- und drei HCV-Fälle.Neuentdeckte HIV-Infektionen gab es nicht. Bei 2 der HCV Patienten bestand Infektiosität mit nachweisbarer Viruslast. Die 10.000 durchgeführten Screeninguntersuchungen verursachten insgesamt Kosten von etwa 200.000 €.
Trotz der standardmäßigen präoperativen Screening-Untersuchung lag tatsächlich bei nur 58% der Patienten präoperativ eine Serologie vor. Dies erklärt sich durch Notfalleingriffe oder kurz nach der Indikationsstellung durchgeführte Eingriffe. Die Anzahl der neuentdeckten Infektionen durch das routinemäßige Screening erwies sich als überraschend gering. Bedenkt man, dass bei einem Nadelstich bei einem infektiösen HCV-Patienten, die Wahrscheinlichkeit einer Infektionsübertragung für bei 1:250 liegt, muss man den Nutzen des routinemäßigen Screenings zumindest aus ökonomischer Sicht in Frage stellen. Die Kenntnis der äußerst geringen Detektionsrate von bislang nicht bekannten Infektionen spricht unserer Meinung nach gegen ein routinemässiges präoperatives virologisches Screening. Zu diskutieren ist, ob das virologische Screening nur noch bei Patienten mit in der Anamnese erhebbaren Risikofaktoren für eine Infektion (frühere Bluttransfusion, i.v. Drogenabusus, Hämophilie) erfolgen sollte.