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Pannikulitis, Polyarthritis, Pankreatitis (PPP-Syndrom) – eine interdisziplinäre Herausforderung
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2010 |
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Fragestellung: Pannikulitis mit/ohne Polyarthritis mit subkutanen und intraossären Fettgewebsnekrosen, verursacht durch die periphere Aktivität der Pankreasenzyme, ist eine seltene Komplikation einer Pankreatitis. Die Inzidenz liegt bei 2–3% aller Pankreaserkrankungen (Entzündung, Neoplasie). Die komplette Trias des PPP-Syndroms tritt dagegen weitaus seltener auf. Die Polyarthritis manifestiert sich meist symmetrisch an den groβen Extremitätengelenken. Gut 2/3 der Patienten zeigen keine oder milde abdominelle Symptome, sodass eine verzögerte Diagnosestellung und kausale Therapie fatale Folgen haben.
Methodik: Ein 52-jähriger Mann wurde mit Schwellungen an Handgelenken und Sprunggelenken aufgenommen. Bei blandem Abdomen fielen massiv erhöhte Pankreasenzyme auf. Das CT zeigte eine akute Pankreatitis. Innert weniger Tage kam es zur Zunahme der Schwellung an den Gelenken mit Nekroseperforation. Eine Nekrosektomie, Inzision und Debridement an allen 4 Extremitätenanteile erfolgte. Es zeigte sich ein einheitliches Bild von purulent wirkender liquider Fettgewebsnekrose durch alle Gewebsschichten bis auf den Knochen. Abstriche blieben ohne Keimnachweis.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Unter der Therapie der Pankreatitis waren die Laborparameter regredient. Begleitet von regelmässiger Nekrosektomie verbesserte sich die anfangs amputationswürdige Situation an allen 4 Extremitäten. An den Handgelenken konnte eine sekundäre Wundheilung erreicht werden. An den Unterschenkelgewebsdefekten werden plastische Deckungen oder Teilamputationen notwendig sein. Der Verlauf ist abhängig von der Osteitis, vom Ausmaβ des Funktionsdefizits der Extremitäten und nicht zuletzt von der Grunderkrankung.
- Das frühzeitige Erkennen der Trias Pankreatitis-Pannikulitis-Polyarthritis kann die hohe Mortalitätsrate dieser seltenen Erkrankung senken. Der genaue Pathomechanismus ist noch nicht vollständig verstanden. Zum einen werden peripher wirksame Enzyme wie Lipasen, Amylasen und Trypsine, zum anderen aktivierte Entzündungskaskaden und deren peripher wirksame Substanzen wie Cytokine, freie Radikale und andere vasoaktive Substanzen für die Gewebszerstörung verantwortlich gemacht. Eine Korrelation zwischen der Serumamylasekonzentration und der Progredienz der Fettgewebsnekrosen wird vermutet. Das Spektrum der ossären Läsionen reicht von Osteonekrosen, intramedullärer Kalzifikation bis hin zu subartikulärem Knochenkollaps. Die Progredienz der peripheren Gewebszerstörungen sistiert bei Besserung der Pankreatitis. Die antibiotische Behandlung und das radikale chirurgische Debridement der Wunden sind richtungsweisend für das Endresultat.
- Pankreaserkrankungen können ursächlich für eine periphere Polyarthritis und Pannikulitis mit hoher Morbidität und Mortalität sein. Zum einen kann die nicht erkannte Pankreatitis zur Progredienz der extrapankreatischen Manifestationen führen, zum anderen können missgedeutete Polyarthritiden mit subcutanen Fettgewebsnekrosen eine ursächliche Therapie verzögern und so einen letalen Ausgang nehmen.