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Fokale fibrokartilaginäre Dysplasie – Seltene Falldarstellung einer operativen Korrektur bei Varusfehlstellung und Retrocurvation der proximalen Tibia
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2010 |
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Fragestellung: Die fokale fibrokartilaginäre Dysplasie (FFCD) als seltene Ursache für lokalisiertes Fehlwachstum langer Röhrenknochen wird häufig vor dem 2. Lebensjahr klinisch apparent. Ätiopathologisch wird bei verschiedenen Manifestationen eine lokale Fehlinsertion von Sehnen mit kortikaler Periostinklusion angenommen, im Fall der Tibia eine Fehldifferenzierung des Pes anserinus. Bei einem metadiaphysären Winkel unter 20° ist eine Beobachtung über 6 bis 12 Monate angeraten. Bei Befundverbesserung wird von einer Spontankorrektur durch Aufbruch der Inklusion ausgegangen, so dass keine Therapie notwendig ist, während bei Verschlechterung eine Abhebung von Pes anserinus und Periost sowie Kürretage der Läsion empfohlen wird. Wir berichten über einen jungen Patienten mit progredientem Crus varum bei FFCD der proximalen Tibia.
Methodik: Der Junge war zum Zeitpunkt der ambulanten Erstvorstellung 2 Jahre und 8 Monate alt und zeigte eine deutliche, laut Eltern seit dem 1. Lebensjahr progrediente Fehlstellung des rechten Unterschenkels. Die Röntgen- und MRT-Aufnahmen zeigten einen metadiaphysären kortikalen Defekt an der ventromedialen proximalen Tibia mit tibialer Varus- und Retrokurvationsdeformität. Unter der Verdachtsdiagnose eines fibrösen Kortikalisdefektes wurde die Indikation zur temporären Hemiepiphysiodese und offenen Biopsie aus der Läsion gestellt. Der Patient wurde seit der erstmaligen Vorstellung in 3-monatigen Intervallen klinisch und radiologisch evaluiert.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Die präoperative Deformitätenanalyse nach Paley ergab ein CORA von 19° in a.p.-Projektion bzw. einen metadiaphysären Winkel von 23° sowie pathologische Kniegelenkswinkel (mLDFW 95°, mMPTW 74°, MAD +36mm). Es erfolgte die Implantation einer 8-Plate® an der proximalen dorsolateralen Tibia und eine Biopsie der Läsion. Die Zusammenschau von histopathologischer Untersuchung und Bildgebung ergab nun Hinweise auf eine kongenitale Tibiapseudarthrose. Bei geringer Korrektur des metadiaphysären Winkels auf 19° und zunehmender Beinlängendifferenz stellten wir nach 10 Monaten unter der Verdachtsdiagnose FFCD die Indikation zur Abhebung von Pes anserinus und Periost sowie Kürretage der Läsion. Nach vier Monaten zeigte sich klinisch und radiologisch eine vollständige Korrektur der Deformität in Frontal- und Sagittalebene mit Rekortikalisierung des Defektes und abnehmender Beinlängendifferenz. Die 8-Plate® wurde zeitnah entfernt. Die Fokale Fibrokartilaginäre Dysplasie ist selten. Im Gegensatz zum fibrösen Kortikalisdefekt führt, wenn nicht eine spontane Lösung und Korrektur eintritt, eine reine Wachstumslenkung nicht zur Ausheilung der Deformität. Das Erkennen der Diagnose ist schwierig, hinweisend sind ein typischer Röntgenbefund sowie der passende klinische Verlauf. Eine Biopsie unterstützt die Diagnose nicht. Nach Lösung des Periosts und Kürettage bestehen aufgrund der großen Potenz der Epiphysenfuge gute Korrekturmöglichkeiten. Die Hemiepiphysiodese an der gegenseitigen Kortikalis birgt das Risiko der Überkorrektur.