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Eine stärkere Infiltration von sequestriertem Bandscheibengewebe mit einem bestimmten Typ dendritischer Zellen geht einher mit einem ungünstigen Genesungsverlauf nach einer Bandscheibenoperation: Ergebnisse einer prospektiven Studie
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2010 |
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Fragestellung: Rückenschmerzen nach einer Nukleotomie gelten als Misserfolge der Wirbelsäulenchirurgie und werden als Postdiskotomiesyndrom (PDS) bezeichnet. Ein neueres Erklärungskonzept geht davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit für die Manifestation eines PDS durch die Auslösung einer Immunreaktion gegenüber sequestriertem Bandscheibenkerngewebe erhöht wird. Beim Menschen kann eine Immunreaktion gegenüber körperfremden Material durch zwei verschiedene Zelltypen dendritischer Zellen (DZs) ausgelöst werden. Dazu gehören neben den CD14+CD11c+myeloiden DZs (MDZs) auch die CD4+CD123+plasmazytoiden DZs (PDZs). Beide Zelltypen sind in der Lage, T Zellen zu aktivieren. Die Zielsetzung der vorliegenden prospektiven Studie bestand darin, zu überprüfen, ob (a) diese beiden Zelltypen sequestriertes Bandscheibengewebe infiltrieren und (b) ein Zusammenhang zwischen der Stärke der Infiltration und dem postoperativen Genesungsverlauf besteht.
Methodik: Im Rahmen einer prospektiven Studie wurden insgesamt 11 Patienten mit einem Freien Sequester während und in dreimonatigem Abstand zu einer Nukleotomie untersucht. Das Bandscheibengewebe wurde unmittelbar nach dessen operativer Entfernung gewogen, in Stücke geschnitten und anschließend für 150 Minuten enzymatisch verdaut. Nach dem enzymatischen Verdau wurde der Überstand von den Geweberesten durch wiederholte Zentrifugation getrennt und die Zellsuspension im Überstand gezählt. Für die durchflusszytometrische Charakterisierung der Zellem wurden diese mit Fluorochrom-markierten Antikörpern (CD123, CD11c, CD4, CD14) angefärbt und anschließend mit einem Durchflusszytometer analysiert. In dreimonatigem Abstand zur Operation wurde neben der Schmerzintensität auch das Auftreten eines erneuten Bandscheibenvorfalls erfasst.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Das mittlere Gewicht der untersuchten Freien Sequester betrug 10,19g±0,44. Innerhalb der untersuchten Bandscheibengeweben war der prozentuale Anteil der PDZs im Vergleich sowohl zu den MDZs (p<0.001) als auch der aktivierten CD4+CD45RO+T Zellen (p<0.010) signifikant erhöht. Zusätzlich konnte eine signifikante Korrelation zwischen dem prozentualen Anteil der PDZs und dem Gewicht der Freien Sequester (p<0.028) nachgewiesen werden. Bei Patienten, deren Bandscheibengewebe stärker durch die PDZs infiltriert wurde, konnte postoperativ häufiger ein sowohl erneuter Bandscheibenvorfall als auch anhaltende Schmerzsymptomatik diagnostiziert werden.
In der vorliegenden prospektiven Studie konnten die PDZs als derjenige Zelltyp identifiziert werden, der sequestriertes Bandscheibengewebe hauptsächlich infiltriert. Die Stärke der Infiltration durch die PDZs wird durch das Gewicht des sequestrierten Bandscheibengewebes determiniert. Darüber hinaus legen die Befunde nahe, dass die PDZs als antigenpräsentierender Zelle den T Zellen die Körperfremdheit des Bandscheibenkerngewebes nur dann signalisieren und damit eine Immunreaktion auslösen sowie Schmerzen begünstigen, wenn sie das Bandscheibengewebe in ausreichender Anzahl infiltrieren.