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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie
74. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie
96. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
51. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie

26. - 29.10.2010, Berlin

Verlegungsrealität schwerverletzter Patienten in Deutschland: eine Auswertung im TraumaRegister DGU

Meeting Abstract

  • J. Schneppendahl - Universitätsklinikum Düsseldorf, Unfall- und Handchirurgie, Düsseldorf, Germany
  • R. Lefering - Universität Witten/Herdecke, Campus Köln, Institut für Forschung in der operativen Medizin (IFOM), Köln, Germany
  • J. Windolf - Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Unfall- und Handchirurgie, Düsseldorf, Germany
  • S. Flohé - Universitätsklinikum Düsseldorf, Unfall- und Handchirurgie, Düsseldorf, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie. 74. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 96. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, 51. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie. Berlin, 26.-29.10.2010. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2010. DocWI26-803

doi: 10.3205/10dkou275, urn:nbn:de:0183-10dkou2751

Veröffentlicht: 21. Oktober 2010

© 2010 Schneppendahl et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Eine medizinisch indizierte Verlegung in ein Krankenhaus einer höheren Versorgungsstufe war schon vor Einführung der Initiative TraumaNetzwerkD eine regelmäßige Notwendigkeit. In einer retrospektiven Auswertung des TraumaRegisters DGU wurde daher die Versorgungsrealität von schwerverletzten Patienten, die nach Erstversorgung in einem Krankenhaus zur weiteren Versorgung in eine andere Einrichtung verlegt wurden, vor flächendeckender Implementierung der Traumanetze analysiert.

Methodik: Die Daten von 19.035 Patienten des TraumaRegisters DGU (DGU, 2002 bis 2007) wurden ausgewertet. Eingeschlossen wurden alle Patienten mit einem ISS ≥9 und einem dokumentierten Blutdruck bei Aufnahme. Unterschieden wurde zwischen Patienten, die im primär aufnehmenden Krankenhaus vollständig versorgt wurden (Gruppe I; n=16033; 84,2%), und Patienten, die nach Erstversorgung in einem Krankenhaus zur definitiven Versorgung in ein anderes Krankenhaus verlegt wurden (Gruppe II; n=3002; 15,8%). Vergleichsparameter waren neben Verletzungsschwere und -muster der physiologische Zustand bei Aufnahme sowie der klinische Verlauf der Patienten.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Der Anteil an Patienten mit einem ISS >16 ist in Gruppe I (primär) mit 80,3% signifikant geringer als in Gruppe II (verlegt) mit 87,6%. In Gruppe II sind deutlich mehr Patienten mit relevantem Schädel-Hirn-Trauma, während Thorax- und Extremitätenverletzungen vermehrt in Gruppe I zu finden sind. Im Mittel zeigten verlegte Patienten einen günstigeren Base Excess und benötigten seltener Massentransfusionen, Katecholamine, Notoperationen oder eine Reanimation. Nichts desto trotz waren 20,7% der Patienten in Gruppe II bei Aufnahme in der zweiten Klinik katecholaminpflichtig, 10,1% waren im Schock (RR <90mmHg), 14,1% wurden bei Aufnahme in der zweiten Klinik notfallmäßig intubiert und 2,5% der Patienten mussten sogar noch im Schockraum reanimiert werden. Die Schockraumbehandlung war trotz Vorbehandlung bei den verlegten Patienten (Gruppe II) in der Zielklinik nur geringradig kürzer als bei einer Primäraufnahme (Gruppe I) (I: 76±45 Minuten: II: 71±47 Minuten). Die Letalität liegt mit 12,4% in Gruppe II insgesamt günstiger als mit 15,2% in Gruppe I, was sich durch die deutlich niedriger Frühletalität erklärt. Patienten der Gruppe II (31,2±35,5 Tage) wurden im Mittel länger stationär behandelt als Patienten der Gruppe I (24,8±27,1 Tage) und erzeugten höhere Behandlungskosten (I: € 23.870; II: € 26.054), während sich kein relevanter Unterschied in den Ventilator- und ICU-free-days fand.

Patienten erreichen nach Primärversorgung in einem Krankenhaus in einem nicht unerheblichen Teil die Zielklinik in einem klinisch instabilen Zustand. Inwiefern zertifizierte regionale Traumanetzwerke ein Instrument zur Verbesserung der Verlegungsqualität und damit der Versorgungsqualität schwerverletzter Patienten darstellen wird sich in den kommenden Jahren zeigen.