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Polytrauma mit Beckenfraktur und schwerem Thoraxtrauma – hat der Zeitpunkt der definitiven Beckenfrakturstabilisierung Einfluss auf das Outcome der Patienten?
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Veröffentlicht: | 15. Oktober 2009 |
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Fragestellung: Hat das schwere Thoraxtrauma Einfluss auf die Wahl des Zeitpunktes der Beckenfrakturstabilisierung und kann durch eine frühzeitige Operation die Morbidität gesenkt werden?
Methodik: Im Rahmen einer prospektiven Multicenterstudie wurden 72 Polytraumapatienten (ISS >16) zwischen dem 18. und 81. Lebensjahr mit einem röntgenologisch nachgewiesenem Thoraxtrauma (AIS Thorax ≥3 und TTSS ≥5) und einer Beckenring- und/oder Azetabulumfraktur (AIS Becken ≥3) in einem Zeitraum von 20 Monaten rekrutiert. Ausschlusskriterien waren ein therapiebestimmendes SHT (AIS Schädel >3) und/oder Abdominalverletzungen (AIS Abdomen >3). Der tägliche Verlauf wurde anhand des SAPS II, SOFA und Lungenfunktionsparametern dokumentiert. Die maschinelle Beatmung der Patienten erfolgte standardisiert, entsprechend aktueller Empfehlungen für die lungenprotektive Beatmung. Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS 15.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: 47 Patienten (mittl. ISS 32, mittl. Alter 38, 28 männlich,19 weiblich) konnten in die Studie eingeschlossen werden. 19 Patienten erfüllten die Ein- und Ausschlusskriterien nicht, sechs verstarben innerhalb der ersten 24 Stunden. Operiert wurden 36 Patienten (10 Beckenringfrakturen Typ B, 12 Typ C, 4 kombinierte Beckenring- und Azetabulumfrakturen, 10 isol. Azetabulumfrakturen) zwischen dem ersten und 25. posttraumatischen Tag. 11 Patienten (6 BR Typ B, 1 BR Typ C und 4 komb. Frakturen) wurden konservativ behandelt. Bei Aufnahme der Patienten stellten sich folgende Werte der Verletzungsschwere und der klinischen Situation dar: Mittl. ISS 32, mittl. PTS 34, mittl. TTSS 9, SOFA 11,3, SAPS II 29,8. Die Häufigkeit pulmonaler Komplikationen, wie Pneumonien lag bei 21,2%,diese traten im Mittel am 9. posttraumatischen Tag auf. Die der chirurgischen Komblikationen, wie Wundinfektionen lag bei 8%. Im Mittel benötigten die Patienten 7 (0-48) Erythrozytenkonzentrate. Die Mortalität lag bei 2,1% (n = 1) ab 24 Stunden nach Trauma. Es konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen Gesamtverletzungsschwere bei Aufnahme und gewähltem OP-Zeitpunkt nachgewiesen werden. Die Thoraxverletzungsschwere korrelierte signifikant mit dem gewählten OP-Zeitpunkt (p<0,01). Mit zunehmender Dauer bis zur definitiven Beckenfrakturstabilisierung stieg die Anzahl aufgetretener Komplikationen und der Erythrozytenbedarf signifikant an (p<0,01). Die Dauer der Beatmung und der ITS-Liegezeit waren bei später operierten Patienten deutlich verlängert (p<0,05).
Zusammenfassung: Patienten mit schwerem Thorax- und Beckentrauma haben aufgrund der Kombinationsverletzung eine erhöhte Morbidität und Mortalität. Patienten mit einer operationspflichtigen Beckenfraktur profitieren tendenziell von einer frühzeitigen Stabilisierung.