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Neurochirurgische Versorgung von Traumapatienten – just in time?
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Veröffentlicht: | 15. Oktober 2009 |
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Fragestellung: Ob und ab welcher Zeitspanne Patienten mit schwerem SHT einen prognostischen Nachteil durch eine zeitverzögerte Versorgung ihrer Verletzung haben, ist nach wie vor nicht eindeutig geklärt. In der vorliegen Untersuchung wurde sowohl der mögliche Einfluß des Faktors Zeit auf das Outcome neurotraumatologischer Patienten untersucht wie auch mögliche Prädiktoren (GCS) analysiert.
Methodik: Anhand der Daten (n = 29418) des Traumaregisters der DGU erfolgte eine retrospektive Untersuchung hinsichtlich der o. g. möglichen Zusammenhänge.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Von 29418 Patienten wurde bei 2120 Patienten eine Craniotomie durchgeführt (7,2%). Der mittlere AIS Schädel war 4.6 Punkte, der ISS 34,2 Punkte. Für 806 Patienten waren die Zeiten bis zum Beginn der OP dokumentiert. 105 wurden innerhalb von 30 min, 350 innerhalb von 31–60 Minuten, 200 innerhalb von 61–90 Minuten und 83 innerhalb von 91–120 Minuten bzw. 121 nach 121 Minuten operativ versorgt. Die Letalität in den jeweiligen Gruppen betrug 37,1%, 28,9%, 23,5%, 16,9% bzw. 13,2%. Dabei hatten die Patienten mit der höhsten Letalität (1. Gruppe) die niedrigsten GCS 6.3 Punkte und solche mit der geringsten Letalität (nach 121 Minuten) die besten GCS-Werte ( 9.14 Punkte). Gleichfalls zeigte sich eine Übereinstimmung der Einschätzung der Verletzungsschwere durch den Notarzt mit der tatsächlichen Verletzungsschwere und der späteren Letalität.
Betrachtet man die Dauer von Aufnahme im Schockraum bis zur OP, so werden insgesamt ca. 80% aller neurotraumatologischen Patienten innerhalb von 90 Minuten operativ versorgt. Die Zeitspanne zwischen Unfallereignis und OP betrug für 80% der Patienten 3h.
Nach den vorliegenden Daten zeigt sich eine Erniedrigung der Letalität mit zunehmender Zeit bis zur OP. Dies ist – betrachtet man ebenfalls den GCS – am ehesten dadurch bedingt, dass diese Patienten am schwersten verletzt waren (trotz gleicher AIS Schädel) und daher die Durchführung der OP mit der geringsten Zeitverzögerung durchgeführt wurde. Insgesamt scheint eine Versorgungszeit von 3h ab Unfallereignis als realistische Forderung; in wie weit innerhalb dieser Zeitspanne eine zeitnahe Operation mit signifikant verbessertem Outcome einhergeht, ist aktuell selbst an einer so großen Datenbank wie dem Traumaregister nicht eindeutig zu klären.