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Der intraossäre Notfallzugang beim Erwachsenen – eine sichere Alternative
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Veröffentlicht: | 15. Oktober 2009 |
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Fragestellung: Die Installation eines venösen Zuganges kann in der akuten Notfallsituation insbesondere im Schockzustand schwierig sein. Mit der intraossären Technik wird zunehmend auch für den erwachsenen Patienten eine schnelle und sichere Alternative zur zentralen Venenkanülierung propagiert. Im unfallchirurgischen Schrifttum findet sich jedoch bisher keine ausführliche Diskussion dieser Technik.
Methodik: Literaturrecherche zur aktuellen Datenlage (ab Jahr 1999) in Bezug auf die intraossäre Infusion beim Erwachsenen, insbesondere zu Indikation, Technik, Sicherheit und Praktikabilität.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: In 42 Arbeiten von 39 Autoren seit 1999 und in den aktuellen Leitlinien dreier großer Fachgesellschaften (ERC European Resuscitation Council, ILCOR International Liaison Commitee on Resuscitation, AHA American Heart Association) wird der intraossäre Zugang beim Erwachsenen empfohlen.
Indikation ist klinisch oder präklinisch die Notwendigkeit der Medikamenten-, Volumen- oder Hämoglobingabe bei frustraner venöser Punktion, Kontraindikationen sind Frakturen, Weichteil- oder Knocheninfekte im Punktionsbereich, Endoprothesen oder Zement nahe dem Punktionsbereich, Osteogenesis imperfecta und Osteopetrose.
Der Zugang ist an verschiedenen Lokalisationen (Sternum, mediale Clavicula, proximaler Humerus, distaler Radius, Becken, distales Femur, proximale/distale Tibia, distale Fibula, Fersenbein) möglich. Es existieren verschiedene spezielle Punktionsnadeln für Erwachsene (Cook, FAST1, EZ-IO, Bone Injection Gun), auch der Einsatz einer Yamshidi-Nadel ist möglich, die Erfolgsrate beträgt 80–100%. Vor der Anwendung sollte ein spezifisches Training durchgeführt werden, wobei 2h Trainingsdauer ausreichend erscheinen. Der Zeitbedarf der Applikation liegt beim Geübten im Bereich einer Minute (5–120s).
Komplikation sind selten (0–4%) und zum Teil abhängig vom Punktionsort. Beschrieben werden Dislokation, Paravasat / Kompartmentsyndrom, Hautinfekt, Osteomyelitis, Fehlpunktionen, technisches Versagen, Materialversagen (Kanülenbruch), Fett-, Luft- und Knochenmakembolie, Fraktur, Mediastinalpunktion, Knochenmarksnekrose.
Über den Zugang ist die Gabe praktisch aller Notfallmedikamente mit gleicher Anschlagzeit wie beim venösen Zugang möglich, ebenso die Volumengabe inclusive Small-Volume Resuscitation. Auch eine verläßliche basale Laborbestimmung (Hb, Hkt, Na, Ca, Crea, u.a.m.) ist durchführbar.
Die intraossäre Punktion beim Erwachsenen ist eine sichere und schnelle Technik, die am Unfallort und im Schockraum eingesetzt werden kann.