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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie
72. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 94. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie und 49. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie

22. - 25.10.2008, Berlin

Die Leberverletzung als relevanter Risikofaktor beim Polytrauma

Meeting Abstract

  • S. Lendemans - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfallchirurgie, Essen, Germany
  • S. Ruchholtz - Universitätsklinikum Marburg, Klinik für Unfall- Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Marburg, Germany
  • M. Heuer - Universitätsklinikum Essen, Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Transpl, Essen, Germany
  • D. Nast-Kolb - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfallchirurgie, Essen, Germany
  • C.A. Kühne - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfallchirurgie, Essen, Germany
  • R. Lefering - Universität Witten/Herdecke, Campus Köln, Institut für Forschung in der operativen Medizin (IFOM), Köln, Germany
  • G. Taeger - Westdeutsches Tumorzentrum, Universitätsklinikum Essen, Sarkomzentrum/Klinik für Unfallchirurgie, Essen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie. 72. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 94. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, 49. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie. Berlin, 22.-25.10.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocWI28-184

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dkou2008/08dkou141.shtml

Veröffentlicht: 16. Oktober 2008

© 2008 Lendemans et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Prognose eines Patienten nach einem generalisierten schweren Trauma wird häufig durch den initialen Blutungsschock und dem sekundären Auftreten weiterer limitierender Faktoren wie z. B. einer Sepsis und einem Multiorganversagen bestimmt. Die mögliche Bedeutung eines Lebertraumas als unabhängiger Risikofaktorfaktor bei mehrfachverletzten Patienten wurde bisher am grossen Patientenkollektiv nicht untersucht. Ziel dieser Untersuchung war es die Bedeutung der Leberverletzung als unabhängigen Risikofaktor nach Polytrauma zu erkennen und zu charakterisieren.

Methodik: Insgesamt wurden die Daten von 24.711 Patienten des Traumaregisters der deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) aus 113 Kliniken (1993-2005) retrospektiv ausgewertet. Eingeschlossen wurden alle Patienten mit einem injury severity score von mehr als 16 Punkten, ohne isoliertes Schädelhirntrauma und mit primärer Aufnahme. Entsprechend dem Verletzungsmuster wurden die Patienten 3 Gruppen zugeordnet.

1.
Leber: Lebertrauma mit einem AIS 3 und einem AIS des restlichen Abdomens 3.
2.
Abdomen: Abdominaltrauma 3 und Lebertrauma 3.
3.
Kontrollgruppe ohne relevante Abdomen oder Leberverletzung (AIS3) aber mit einer anderen relevant verletzten Körperregion.

Ergebnisse: 321 Patienten der Gruppe 1 (Leberverletzung) wurden mit 574 am Abdomen verletzten Patienten (Gruppe 2) und 9574 Patienten ohne relevante abdominelle Verletzung verglichen (Gruppe 3). Hierbei zeigten Patienten mit führender relevanter Leberverletzung bei ähnlichem ISS einen signifikanten Anstieg der Letalität im Gegensatz zu Patienten mit anderen Abdominalverletzungen (Leber: 112 (34.9 %), Abdomen: 69 (12%) und Kein Abdomen: 1872 (19,5%). Die Letalität nach Lebertrauma setzte sich im Vergleich mit den anderen Gruppen aus einer hohen Früh- und Spätletalität zusammen. War die Frühletalität geprägt durch den höheren Blutverlust wurde die Spätletalität durch eine höhere Sepsisrate (Leber: 19.9 %, Abdomen: 11 %, kein Abdomen: 14,6) und dem häufigerem Vorkommen eines Multiplen Organ Versagens (Leber: 32,7 %, Abdomen: 16,6 %, kein Abdomen: 21,1)bestimmt. Aber auch nach Massentransfusion (mehr als 10 EK in 24 Stunden) zeigten Patienten mit Leberverletzung im Vergleich mit abdominell verletzten Patienten bei gleicher Anzahl transfundierter EK (20) eine deutlich höhere Letalität (Leber: 55,8 % vs. 36,5 %).

Schlussfolgerung: Die hier dargestellten Ergebnisse zeigen, dass das Lebertrauma einen wichtigen Prognose- und Risikofaktor darstellt und die Möglichkeit bietet Patienten mit einem hohen Risiko für Sepsis, Multiorganversagen und Letalität frühzeitig zu erkennen und möglicherweise frühzeitig durch Immunmodulatoren zu behandeln.

In der initialen Schockraumphase können Leberverletzte Patienten bei instabilem Kreislauf von einer frühzeitigen Laparotomie profitieren.