Artikel
Implantat-assoziierte posttraumatische Osteitis: Phagozytose und „neutrophil extracellular traps“ (NET) als Abwehrmechanismen gegen bakterielle Biofilme
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 9. Oktober 2007 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung: Die posttraumatische Osteitis, hervorgerufen durch persistierende bakterielle Infektionen an Osteosynthesematerialien bzw. Endoprothesen, stellt als lokale chronisch-destruktive Entzündung eine schwerwiegende Komplikation dar; die Folge ist eine Osteolyse mit konsekutiver „septischer“ Lockerung des Implantates. Die Persistenz der Infektion wird durch die Bildung bakterieller Biofilme auf den Implantaten verursacht, was zu einer relativen Resistenz gegenüber Antibiotika sowie der körpereigenen Abwehr führt. In vorausgegangenen Studien konnten wir bei Patienten mit posttraumatischer Osteitis eine massive Infiltration immunkompetenter Zellen, v.a. aktivierter polymorphkerniger neutrophiler Granulozyten (PMN) in das Infektionsgebiet nachweisen. Um mögliche Abwehrmechanismen zu analysieren, untersuchten wir in dieser Studie die Interaktion humaner PMN mit Staphylococcus aureus Biofilmen in vitro.
Methodik: S.aureus Biofilme wurden experimentell auf Glasplättchen gezüchtet und nach 2 bis 15 Tagen verwendet. Nach Opsonierung mit humanem Serum wurden PMN gesunder Spender zugegeben und im folgenden ihre Adhärenz, ihre Migration und die Phagozytose mittels time-lapse-Video-Analyse, konfokaler Laserscan-Mikroskopie und funktioneller Tests untersucht.
Ergebnisse: Die KoKultur-Experimente zeigten eine Adhärenz der PMN, aber auch eine Migration auf und in die experimentell-erzeugten Biofilm hinein. Desweiteren war eine Phagozytose als Aufnahme von Bakterien in die PMN nachweisbar. Gleichzeitig kam es zur Ausbildung bakterienfreier Zonen in der unmittelbaren Nachbarschaft der PMN; diese nahmen mit der Zeit an Größe zu. Neben der Phagozytose war eine flächenhafte Freisetzung von DNA in Form von “neutrophil extracellular traps“ (NETs) aus den PMN erkennbar. Im Gegensatz zur Phagozytose, ist das Signal für die DNA Freisetzung bisher nicht identifiziert. Wir konnten jedoch zeigen, dass die DNA Freisetzung bevorzugt bei etablierten „alten“ Biofilmen und in Abwesenheit von opsonierendem humanem Serum erfolgte, während die Phagozytose Serum-abhängig und bei sich entwickelnden „jungen“ Biofilmen effizienter war.
Schlussfolgerungen: Die Persistenz bakterieller Infektionen wurde bisher auf die Bildung schützender bakterieller Biofilme auf den Implantaten zurückgeführt, in denen sich die Bakterien trotz massiver Infiltration und lokaler Aktivierung der PMN der Infektabwehr entziehen. Unsere Daten zeigen nun, dass Bakterien im Biofilm keinen vollständigen Schutz vor der körpereigenen Abwehr besitzen, sondern dass auch im Biofilm eine intrazelluläre Abtötung durch Phagozytose möglich ist, v.a. wenn dieser durch humanes Serum opsoniert wird. Ob und in welchem Ausmaß die flächenhafte Freisetzung von DNA und Elastase in Form von NETs zur extrazellulären Abtötung von Bakterien in einem Biofilm beiträgt, kann zum jetzigen Zeitpunkt zwar noch nicht abschließend entschieden werden; sie stellt jedoch einen attraktiven alternativen Abwehrmechanismus dar.