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34. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V.

03.11. - 04.11.2023, Leipzig

Ein neues Dokumentationsinstrument in der Neuro-Urologie – Hybrid für Forschung und Klinik

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Anke Kirsten Jaekel - Neuro-Urologie, Klinik für Urologie, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland; Neuro-Urologie, Johanniter Neurologisches Rehabilitationszentrum Godeshoehe, Bonn, Deutschland
  • Michael Kowollik - Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil, Nottwil, Schweiz
  • author Johannes Kutzenberger - Kliniken Hartenstein-UKR, Bad Wildungen, Deutschland
  • author Ralf Böthig - BG Klinikum Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • author Albert Kaufmann - Neuro-Urologie, Johanniter Neurologisches Rehabilitationszentrum Godeshoehe, Bonn, Deutschland
  • author Ruth Kirschner-Hermanns - Neuro-Urologie, Klinik für Urologie, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland; Neuro-Urologie, Johanniter Neurologisches Rehabilitationszentrum Godeshoehe, Bonn, Deutschland

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.. 34. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. Leipzig, 03.-04.11.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc28

doi: 10.3205/23dkg28, urn:nbn:de:0183-23dkg283

Veröffentlicht: 31. Oktober 2023

© 2023 Jaekel et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die neurogene Dysfunktion des unteren Harntraktes (NLUTD) verursacht für die Betroffenen eine Vielzahl unterschiedlicher Beschwerden wie Inkontinenz, Drangsymptomatik und rezidivierende Harnwegsinfekte bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen durch Sepsis oder terminale Niereninsuffizienz. Die frühzeitige Diagnostik, Therapie und langfristige Kontrolle der NLUTD ist das wesentliche Ziel der Neuro-Urologie, um obere Harntrakt-Schäden und Nierenversagen zu vermeiden. Die Videourodynamik (VUD) ist der Goldstandard für Therapieentscheidungen und deren Erfolgskontrolle. Die VUD des neuro-urologischen Patienten ist im Vergleich zu anderen Patienten anspruchsvoller. Die Einhaltung der Qualitätsstandards in Durchführung und Interpretation sowie die Anwendung einer einheitlichen Terminologie daher essenziell. Im deutschsprachigen Raum ist jedoch die Terminologie der NLUTD nicht vereinheitlicht. Es besteht darüber hinaus der stetige Bedarf, die neuro-urologische Diagnostik und Therapie effizienter zu gestalten, da die Diagnostik kostenintensiv ist und spezialisierte Zentren in Deutschland selten sind. Dazu müssen Behandlungspfade erstellt und überprüft werden. Diese stetige Notwendigkeit zur wissenschaftlichen Auswertung der vorhandenen Daten bindet zusätzlich ärztliche Kapazität.

Daher war es Absicht der AG Urodynamik des Arbeitskreises Neuro-Urologie der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegiologie (DMGP), einen einheitlichen, systematischen und anwenderfreundlichen Befundbericht für die Diagnostik der NLUTD zu entwickeln, der den existierenden Qualitätsstandards und der aktuellen neuro-urologischen Terminologie entspricht. Die erhobenen Daten sollten elektronisch auswertbar sein.

Methode: Ein Expertenteam aus Mitgliedern des Arbeitskreises Neuro-Urologie der DMGP hat das Basiskonzept seit 2019 in zahlreichen Telefon- und Videokonferenzen erarbeitet und weiter ausgebaut. Im nächsten Schritt erfolgt die interdisziplinäre Prüfung der klinischen Anwendbarkeit durch Kollegen der Allgemeinmedizin und Urologie. Das daraus entstandene 9-seitige Template wurde im Konsens im August 2021 von allen Teilnehmern der AG Urodynamik des Arbeitskreises Neuro-Urologie verabschiedet. Nachfolgend wurde daraus ein elektronischer Befundbericht entwickelt und programmiert, der auf einer Datenbank basiert. Die elektronische Befundberichtversion wurde von den potenziellen Nutzern evaluiert, um die Anwendbarkeit des Befundberichtes in der Praxis zu überprüfen und Verbesserungspotential zu erarbeiten.

Ergebnisse: Im Ergebnis entstand aus dem Projekt ein Hybrid-Instrument, welches einen strukturierten, systematischen, der aktuellen internationalen neuro-urologischen Terminologie entsprechenden Befundbericht für die klinische Untersuchung und die gleichzeitige Erfassung der gewonnen Untersuchungsergebnisse in einer Datenbank in einem Schritt vereinigt. Der Anwender wird schrittweise mittels vorgegebener Auswahlmöglichkeiten durch den Befund geführt. Es besteht zusätzlich die Möglichkeit frei formulierter Ergänzungen. Damit wird eine gleichbleibend hohe Datenqualität der Befunde sichergestellt. Die nachträgliche aufwendige Auswertung von Patientenakten mit unterschiedlicher Datenqualität entfällt hiermit. Ein abschließender Arztbericht wird aus den erhobenen Befunden automatisiert erstellt. Im Rahmen des Evaluierungsprozesses durch die potenziellen Nutzer konnten Verbesserungen in einer ersten praktischen Testung erarbeitet werden.

Schlussfolgerung: Das neu entwickelte Hybrid-Instrument ermöglicht es, neben der aktuell in Deutschland nicht vorhandenen standardisierten Befunderfassung, Untersuchungsergebnisse der anwendenden Kliniken und Einrichtungen ressourcenschonend für wissenschaftliche Fragestellungen in einem Schritt zu erfassen. Qualitätsunterschiede in Befundung und Datenerfassung können damit minimiert und die Versorgungsqualität der Patienten gesteigert werden.