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34. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V.

03.11. - 04.11.2023, Leipzig

Stellenwert der Urodynamik in der urologischen Versorgungsrealität

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Martin Baunacke - Klinik und Poliklinik für Urologie, TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Livia Kontschak - Klinik und Poliklinik für Urologie, TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Markus Grabbert - Klinik für Urologie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland
  • Angelika Borkowetz - Klinik und Poliklinik für Urologie, TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Sherif Mehralivand - Klinik und Poliklinik für Urologie, TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Nicole Eisenmenger - Reimbursement GmbH, Hürth, Deutschland
  • Johannes Huber - Klinik für Urologie, Philipps Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Daniela Schultz-Lampel - Kontinenzzentrum Südwest, Schwarzwald-Baar Klinikum, Villingen-Schwenningen, Deutschland

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.. 34. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. Leipzig, 03.-04.11.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc27

doi: 10.3205/23dkg27, urn:nbn:de:0183-23dkg276

Veröffentlicht: 31. Oktober 2023

© 2023 Baunacke et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Der Stellenwert der Urodynamik (UD) in der deutschen Versorgungswirklichkeit ist nicht genau bekannt. Hierzu erfolgte eine Auswertung von Qualitätsberichtsdaten, die einen Rückgang von UDs in urologischen Klinik in Deutschland von 2013 bis 2019 um 45% zeigte. In der folgenden Studie soll weiterführend die strukturelle Versorgungssituation der UD in urologischen Kliniken untersucht werden und Anhaltspunkte für den Rückgang.

Methode: Es erfolgte die postalische Befragung aller urologischen Kliniken in Deutschland von 10/2022 bis 3/2023, welche im Jahr 2019 entsprechend ihrer Qualitätsberichtsdaten UDs durchgeführt haben. Es wurden die Durchführung, strukturelle Situation, Wartezeiten, Kapazitäten und Einschränkungen der UD erfragt. Für die Auswertung der Qualitätsberichtsdaten wurde das reimbursement.INFO-Tool genutzt. Als UD wurden alle invasiven urodynamischen Untersuchungen definiert.

Ergebnisse: Der Rücklauf der Befragung betrug 77% (200/259 Kliniken). 42% (81/191) aller Kliniken führen > 100 UDs/Jahr durch (Abbildung 1 [Abb. 1]). 36% (69/193) der Klinik gibt an, in den letzten 5 Jahren die Zahl an UDs gesenkt zu haben. 54% (105/193) der Kliniken führen mehr als 50% der UDs für externe Zuweiser durch (Abbildung 1 [Abb. 1]). 81% (158/194) der Kliniken geben an, ihre Urodynamikkapazitäten ausgeschöpft zu haben. Hier werden personelle Probleme (Ärztlich (83%) und Pflege (82%)) als führende Gründe für eingeschränkte Kapazitäten angegeben (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Kliniken mit einer hohen Zahl an UDs (>100 UDs/a) haben eine höhere Bettenzahl (>30 Betten: 81% vs. 50%; p<0,001), sind öfter zertifizierte Kontinenzzentren (40% vs. 25%; p=0,03), weisen längere Wartezeiten auf (>1 Monat: 70% vs. 51%; p=0,01), haben eine konstante oder steigende Zahl an UDs (89% vs. 45%; p<0,001) und geben häufiger an, die Kapazitäten auszuschöpfen (91% vs. 75%; p=0,009). Für Kliniken mit einer hohen Zahl an UDs sind hohe Kosten (1,2 vs. 1,7; p=0,006) und geringe Vergütung (1,2 vs. 1,7; p=0,003) weniger problematisch als für Kliniken mit geringer Fallzahl an UDs.

Kliniken, die eine abnehmende Zahl an UDs angeben, führen insgesamt weniger UD durch (≤100 UD/a: 88% vs. 41%; p<0,001), schöpfen häufiger ihre Kapazitäten nicht aus (26% vs. 15%; p=0,04) und planen eher die Zahl weiter zu senken (17% vs. 2%; p<0,001), als Kliniken mit konstanter oder steigender Zahl an UDs. Für Kliniken mit abnehmender UD-Zahl sind die Faktoren schlechte Vergütung (1,8 vs. 1,4; p=0,03), hohe Kosten (1,7 vs. 1,4; p=0,04) und ärztlicher Personalaufwand (2,4 vs. 2,1; p=0,04) problematischer als Kliniken mit konstanten oder steigender UD-Zahl.

Schlussfolgerung: In deutschen urologischen Kliniken zeigen sich ausgeschöpfte Urodynamikkapazitäten. Ein relevanter Teil wird für externe Zuweiser erbracht. Dies kann indirekt auf eine Verlagerung der Urodynamiken vom niedergelassenen Bereich in den ambulanten Klinikbereich hindeuten.

In der Entwicklung der Kapazitäten zeigt sich ein deutlicher Trend zur Zentralisierung. Kliniken mit kleinen Fallzahlen reduzieren ihre Urodynamikzahlen weiter, während Kliniken mit hoher Urodynamikzahl ihre Zahlen steigern wollen. Es sind aber überwiegend personelle Probleme, welche die Kapazitäten deutlich einschränken.


Literatur

1.
Baunacke M, Leuchtweis I, Kaufmann A, Schmidt M, Groeben C, Borkowetz A, Eisenmenger N, Thomas C, Huber J. Decreasing Number of Urodynamics in Urological and Gynaecological Clinics Reflects Decreased Importance for Surgical Indications: German Population-Based Data from 2013 to 2019. Urol Int. 2022;106(10):1068-1074.