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32. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V.

05. - 06.11.2021, online

25 Jahre Integraltheorie nach Petros - was bleibt? was kommt?

Meeting Abstract

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Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.. 32. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. sine loco [digital], 05.-06.11.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc32

doi: 10.3205/21dkg32, urn:nbn:de:0183-21dkg325

Veröffentlicht: 4. November 2021

© 2021 Gunnemann et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Umstritten, emotional diskutiert, gefeiert und verdammt und dennoch relativ wenig bekannt - die Integraltheorie nach Petros und Ulmsten - wurde vor 25 Jahren publiziert und hat sich zum Integralen System weiterentwickelt. Schon 1990 stellte die Integraltheorie die Hypothese auf, dass Symptome wie Belastungs- und Dranginkontinenz vordringlich durch eine Lockerheit (Schlaffheit) des Bindegewebes und des ligamentären Apparates bedingt sind.

Das Wort „Integral“ bedeutet ein einheitliches Ganzes und betrachtet den Beckenboden der Frau über die Grenzen aller Fachdiziplinen hinaus als physiologische Funktionseinheit.

In der Integraltheorie IT wurden schon 1990 bindegewebige bzw. ligamentäre Lockerungen bzw. Laxizitäten als wesentliche Ursache von Beckenbodendysfunktionen erkannt. 4 wichtige Muskelgruppen (M. pubococcygeus, Levatorplatte, longitudinaler Muskel des Anus und der M. puborectalis) sind nur bei intakter bindegewebiger Struktur in der Lage, optimal Verschluss und Öffnung des Blasenauslasses und der Harnröhre und des Anorektums zu ermöglichen. Die erste praktische Anwendung der IT war der Bandersatz des pubourethralen Ligamentes (PUL) das als TVT bekannt wurde.

Ziel der Arbeit. (Fragestellung) Welche Bedeutung für die tägliche Praxis hat die IT heute noch? Spielen ligamentäre Lockerungen bei Belastungsharninkontinenz, Harndrangbeschwerden, Stuhlinkontinenz, Stuhlentleerungsstörungen und Beckenschmerzen eine Rolle?

Methode: Durchsicht der publizierten Daten zur Integraltheorie.

Ergebnisse: Die Pathophysiologie dieser Störungen ist mittlerweile erkannt worden. Es wurden chirurgische Therapieverfahren entwickelt, die eine möglichst anatomiegerechte Rekonstruktion der bindegewebigen Strukturen erzielen. So sind die suburethralen Bänder, die in Höhe der mittleren Urethra zu liegen kommen, ein Standardeingriff geworden. Aber auch die Korrektur der zervikalen Ringdefekte, der lateralen und zentralen Zystozelen, der uterosakralen Ligamente, des Perinealkörpers und der rektovaginalen Faszie wurden im Hinblick einer optimalen Symptomheilung angepasst bzw. neu entwickelt. Neue Studienergebnisse belegen, dass Symptomheilungen in hohen Prozentsätzen möglich sind. Die komplexen Zusammenhänge lassen sich durch Verwendung des sog. diagnostischen Algorithmus und durch Grundkenntnisse der unterschiedlichen Pathophysiologie der Funktionsstörungen besser erfassen.

Schlussfolgerung: Der diagnostische Algorithmus beschreibt die Schadenszone, die klinische Untersuchung bestätigt den Defekt und eine simulierte Operation kann den Erfolg eines geplanten Eingriffs vorhersagen.

Nach der Enhörning'schen Druck-Transmission-Theorie 1961 und der Hängemattenhypothese von Delancey 1994 ist die Integraltheorie von Petros und Ulmsten 1990 als Hypothese nie widerlegt worden und bildet eine Grundlage für das Verständnis der Pathophysiologie der Störungen und Symptome des Beckenbodens der Frau und deren Behandlung.


Literatur

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