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Retrospektive Analyse von Pulley-Läsionen in einem großen Patientenkollektiv
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Veröffentlicht: | 28. September 2006 |
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Über Läsionen der Aufhängeschlinge der langen Bizepssehne (Pulley-Läsionen) existieren in der Literatur nur wenige und lückenhafte Daten. Ziel dieser Studie war es, in einem großen Patientenkollektiv sowohl Häufigkeit, Ätiologie und Begleitpathologien als auch die klinischen Ergebnisse von Pulley-Läsionen zu evaluieren.
1007 konsekutive Schulterarthroskopien wurden nach strengen Selektionskriterien retrospektiv analysiert. 72 Patienten (Alter 50±12 Jahre), die nach präoperativer Diagnostik (klinische Untersuchung, Röntgen, Sonographie, MRT) einen unklaren Schulterschmerz hatten, zeigten arthroskopisch eine Pulley-Läsion als Hauptbefund und wurden in die Studie eingeschlossen. Die Evaluierung der eigenen Ergebnisse erfolgte als eine systematische Anwendungsbeobachtung (EBM-Level III), wobei folgende Faktoren herangezogen wurden: Epidemiologie, intraoperative Befunde, Unfallanamnese, Constant-Score sowie Komplikationserfassung. 53 Patienten (74%) wurden nach einem Mindest-follow-up von 2 Jahren nachuntersucht. Für die statistische Auswertung (Signifikanzniveau alpha=0.05) von unabhängigen Variablen wurde der Mann-Whitney U-Test, für den Vergleich von Häufigkeiten der Chi-Quadrat-Test verwendet.
Die Inzidenz von Pulley-Läsionen betrug 7,1%. Bei 53 (73%) der Patienten waren isolierte Bandläsionen des oberen glenohumeralen Ligamentes (SGHL), bei 19 (27%) zusätzliche intervallnahe Unterflächendefekte der Rotatorenmanschette (RM) nachweisbar. Komplette Rupturen der RM oder der langen Bizepssehne waren Ausschlusskriterien. 31 (43%) gaben ein Trauma in der Vorgeschichte an. 65 (90,3%) wiesen pathologische Veränderungen der langen Bizepssehne auf (15 (21%) Auffaserungen, 16 (22%) Partialrupturen, 27 (37%) Tendinitiden, 7 (10%) kombinierte Tendinitiden und Partialrupturen). Alle Fälle zeigten eine Instabilität der langen Bizepssehne, wobei verschiedene Grade beobachtet wurden (24 (33%) rekurrierende Subluxationen, 38 (53%) permanente Subluxationen, 10 (14%) Luxationen). In 74% der Fälle führten wir eine offene Tenodese der langen Bizepssehne mit Intervallrekonstruktion durch. 27% wiesen eine AC-Arthrose als häufigste Begleitpathologie auf. Der alters- und geschlechtsadaptierte CS betrug im Mittel 80,1% (47-135%). Signifikant (p<0,047) unterschied sich der CS zwischen Patienten mit einer isolierten SGHL-Läsion (85,7%) und einem zusätzlichen RM-Unterflächendefekt (73,1%). Der Vergleich der traumatischen mit den atraumatischen Läsionen zeigte keine signifikanten Unterschiede.
Bei unklaren Schulterschmerzen sollte eine Pulley-Läsion arthroskopisch durch gezielte Untersuchung des superolateralen Rotatorenintervalls abgeklärt und ggf. operativ mittels Tenodese der langen Bizepssehne und/oder Intervallrekonstruktion behandelt werden. Dies gilt umso mehr, da die Ergebnisse von isolierten SGHL-Läsionen besser sind, und die Progression zu einem intervallnahen Unterflächendefekt der Rotatorenmanschette befürchtet werden muss.