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Biomechanische Evaluierung der glenohumeralen Stabilität durch Muskelkraftvektoranalyse im Computermodell: Effekt einer veränderten Glenoidinklination bei globaler Rotatorenmanschettenruptur
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Veröffentlicht: | 19. Oktober 2004 |
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Fragestellung
Globale Rotatorenmanschettenrupturen (RMR) führen infolge verminderter Stabilität im Glenohumeralgelenk zu superiorer Humeruskopftranslation mit verminderter Abduktionsfähigkeit. Ziel der Studie ist die Quantifizierung der glenohumeralen Stabilitätsminderung bei globaler RMR sowie die Evaluierung der biomechanischen Auswirkungen einer veränderten Glenoidinklination durch Muskelkraftvektoranalyse mittels eines neuartigen dreidimensionalen geometrischen Computermodells der Schulter.
Methoden
Die Kraftvektoren von acht Schultermuskeln wurden von einem standardisierten geometrischen Modell in ein dreidimensionales geometrisches Computermodell übernommen. Als Grundlage der Kalkulation der Muskelvektorkräfte bei unterschiedlichen Abduktionsgraden dienten die Parameter physiologischer Muskelquerschnitt und normalisierte EMG-Aktivität. Bei intakter Rotatorenmanschette erfolgte die Bestimmung des resultierenden Muskelkraftvektors durch Summation aller 8 individueller Muskelkraftvektoren. Eine globale RMR wurde durch Reduktion der betroffenen Muskelkraftvektoren simuliert. Der resultierende Muskelkraftvektor wurde in einem sphärischen Koordinatensystem mit Bezug zur Skapularebene dargestellt. Der Elevationswinkel α war definiert als Winkel zwischen dem resultierenden Muskelkraftvektor und der Transversalebene. Eine glenohumerale Stabilitätsverminderung war definiert als Muskelkraftvektor außerhalb der Glenoidgelenkfläche (α > 30°).
Ergebnisse
Bei intakter Rotatorenmanschette zeigte sich ein konstanter Elevationswinkel des resultierenden Muskelkraftvektors (α = 1°) bei glenohumeralen Abduktionswinkeln von 15°, 30° und 60°. Eine globale RMR führte bei Abduktionswinkeln von 15° und 30° zu einem Elevationswinkel außerhalb der Glenoidgelenkfläche (α = 36° bzw. 32°), welcher eine verminderte Stabilität im Glenohumeralgelenk und eine vermehrte Humeruskopftranslationskraft nach kranial bedingte. Bei glenohumeraler Abduktion von 60° reduzierte sich der Elevationswinkel des resultierenden Muskelkraftvektors auf 16°. Durch eine Veränderung der Glenoidinklination um 35° konnte bei globaler RMR der veränderte Elevationswinkel des resultierenden Muskelkraftvektors ausgeglichen werden. Hierdurch zeigte sich eine erhöhte Stabilität im Glenohumeralgelenk mit verminderter Humeruskopftranslationskraft nach kranial.
Schlussfolgerungen
Die glenohumerale Stabilität konnte mittels Muskelkraftvektoranalyse in einem neuartigen dreidimensionalen Computermodell der Schulter quantifiziert werden. Eine globale RMR führte bei Abduktionswinkeln bis 30° zu erhöhten superioren Translationskräften und verminderter Stabilität im Glenohumeralgelenk. Die Ergebnisse dieser Studie liefern eine biomechanische Rationale für die bei globaler RMR klinisch zu beobachtende kraniale Humeruskopftranslation insbesondere zu Beginn der Abduktion. Durch eine Veränderung der Glenoidinklination konnte im Computermodell die Stabilität des Glenohumeralgelenkes bei globaler RMR erhöht werden.