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Deutscher Rheumatologiekongress 2024

52. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
34. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)
38. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)

18.09. - 21.09.2024, Düsseldorf

Verbesserung der Diagnosegenauigkeit und Vermeidung von Überdiagnosen bei axialer Spondyloarthritis durch zentrale Beurteilung der Bildgebung: Improve-axSpA, ein landesweites Telemedizin-Projekt

Meeting Abstract

  • Denis Poddubnyy - Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin; DRFZ, Berlin
  • Marc Kämmerer - VISUS Health IT GmbH, Bochum
  • Marcus Kremers - MedEcon Telemedizin GmbH, Bochum
  • Annette Wiedon - Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
  • Imke Redeker - Rheumazentrum Ruhrgebiet, Ruhr-Universität Bochum, Herne
  • Xenofon Baraliakos - Rheumazentrum Ruhrgebiet, Ruhr-Universität Bochum, Herne

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2024, 52. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immmunologie (DGRh), 34. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR), 38. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh). Düsseldorf, 18.-21.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocSpA.40

doi: 10.3205/24dgrh192, urn:nbn:de:0183-24dgrh1922

Veröffentlicht: 18. September 2024

© 2024 Poddubnyy et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung: Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) wird häufig erst spät diagnostiziert und es besteht die Gefahr von Über- und Fehldiagnosen bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen. Bildgebende Verfahren, insbesondere die Magnetresonanztomographie (MRT), spielen hierbei in der Differentialdiagnose und Diagnosestellung eine wichtige Rolle, erfordern jedoch für die korrekte Interpretation von Befunden der Iliosakralgelenke spezielle Fachkenntnisse. Das Improve-axSpA-Projekt wurde aufgesetzt, um zu bewerten, ob telemedizinische Unterstützung dazu beitragen kann, die diagnostische Genauigkeit bei Patienten mit Verdacht auf axSpA zu erhöhen.

Methoden: Es wurde eine zentrale telemedizinische Plattform eingerichtet, die die Erfassung klinischer und bildgebender Informationen von Patienten ermöglichte, die sich bei Rheumatologen und Orthopäden in Deutschland und Österreich mit Verdacht auf axSpA vorstellten. Die teilnehmenden Zentren wurden aufgefordert, geeignete Patienten zu rekrutieren und einzuschließen. Dabei wurden folgende Daten erhoben: Verdachtsdiagnose, Bildgebungsbefunde, demografische Daten, Laborparameter, Informationen über mögliche mechanische Belastungsfaktoren, Merkmale des Rückenschmerzes und SpA-Merkmale nach Einschätzung des Arztes vor Ort. Die zentrale Expertenbewertung umfasste eine detaillierte Beurteilung der eingereichten Daten, einschließlich der Bildgebung, und die finale Einschätzung, ob eine axSpA vorlag oder nicht.

Ergebnisse: Insgesamt 40 Studienzentren reichten bis November 2023 476 Fälle zur zentralen Auswertung ein. Die Verteilung der Diagnosen nach lokaler und zentraler Beurteilung ist in Tabelle 1 [Tab. 1] dargestellt. Bei insgesamt 134/476 Patienten (28%) wurde lokal eine axSpA diagnostiziert. Nur in 69 (51,5%) Fällen konnte eine axSpA nach zentraler Auswertung bestätigt werden, während bei 47 Patienten (35,1%) eine alternative Ursache für die Rückenschmerzen (in der Mehrzahl der Fälle degenerative/mechanische Ursachen, unspezifische Rückenschmerzen) als wahrscheinlicher erachtet wurde. Im Gegensatz dazu konnte bei 136 (85,5%) der 159 Patienten, bei denen lokal keine axSpA diagnostiziert wurde, auch nach zentraler Beurteilung das Vorliegen einer axSpA nicht bestätigt werden. In 183 Fällen mit nicht eindeutiger lokaler Diagnose konnte eine axSpA häufiger ausgeschlossen als bestätigt werden (75% vs. 16%). Bei insgesamt 46 Patienten konnte die Diagnose nach der zentralen Beurteilung nicht endgültig gestellt werden, was in den meisten Fällen auf eine unzureichende Bildgebung zurückzuführen war. Zudem konnten mehrere wichtige Unterschiede zwischen Patienten mit zentral bestätigter und ausgeschlossener axSpA festgestellt werden: Patienten ohne SpA waren älter, vermehrt weiblich (und häufiger mit einer Schwangerschaftsanamnese und Zustand nach mehreren Entbindungen), hatten ein niedrigeren CRP-Wert, einen höheren BMI und waren seltener HLA-B27-positiv (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]). Gleichzeitig unterschieden sich andere vom lokalen Rheumatologen berichtete SpA-Merkmale – einschließlich entzündlicher Rückenschmerzen und Bildgebungscharakteristika – nicht zwischen den Gruppen. Dagegen zeigten sich nach zentraler Beurteilung deutliche Unterschiede zwischen den Gruppen mit bestätigter und ausgeschlossener SpA bezüglich des Vorhandenseins von mit SpA vereinbaren aktiven entzündlichen und strukturellen Veränderungen in der MRT-Bildgebung der Iliosakralgelenke (Tabelle 2 [Tab. 2]).

Schlussfolgerung: Diese Daten deuten auf ein hohes Risiko der Überdiagnose von SpA in der täglichen klinischen Praxis hin. Telemedizinische Hilfsmittel mit zentraler Auswertung klinischer und bildgebender Informationen können im Diagnoseprozess für Patienten mit Verdacht auf axSpA hilfreich sein.