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Fieber, Zytopenie und Inflammation meets Lymphoproliferation: Seltene Differenzialdiagnose bei einem 16 Jahre alten Jungen
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Veröffentlicht: | 18. September 2024 |
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Einleitung: Rezidivierendes Fieber ist ein häufiges und bedeutsames Symptom bei Kindern. Nach Ausschluss von infektiologischen Ursachen rücken Malignome und Autoinflammation als differenzialdiagnostische Ursachen in den Vordergrund. Insbesondere bei Patienten mit hämatologischen Auffälligkeiten und Lymphoproliferation sollte eine maligne Erkrankung zuverlässig ausgeschlossen werden. Wir stellen den Fall eines 16-jährigen Patienten vor, der seit dem 4. Lebensjahr an rezidivierendem Fieber, Bauchschmerzen und konstitutionellen Symptomen leidet.
Methoden: Die Krankenakte des Patienten wurde retrospektiv analysiert im Hinblick auf Anamnese, klinische Untersuchung, Laborbefunde und bildgebende Verfahren.
Ergebnisse: Der Patient erhielt durch verschiedene vorbehandelnde Kliniken und schließlich in unserer Einrichtung eine ausführliche, multidisziplinäre apparative, interventionelle, laborchemische und genetische Diagnostik einschließlich whole exome sequencing (WES). Die apparative Diagnostik umfasste u.a. Ganzkörper MRT-Untersuchungen und Gastro-Koloskopien. Es erfolgten Lymphknotenexstirpationen, Knochenmarkpunktionen sowie eine Knochenbiopsie zum Ausschluss von malignen Erkrankungen. Durchweg zeigte sich eine polyklonale benigne Lymphoproliferation und laborchemisch eine Inflammation mit erhöhtem CRP und BSG. Außerdem bestand eine mikrozytäre Anämie und Thrombopenie. Die Interferonsignatur wies eine moderate Typ-1 Interferon Aktivierung auf.
Schlussendlich wurde bei persistierender Lymphoproliferation der Milz mit begleitenden Infarkten eine Splenektomie durchgeführt. Die histologische Untersuchung der Milz führte zu der Diagnose des Patienten. Es präsentierte sich eine lymphofollikuläre Hyperplasie mit teils regressiven Keimzentren und einem vermehrten polyklonalen Plasmazellgehalt. In Kombination mit den klinischen und laborchemischen Kriterien konnte so die Diagnose eines idiopathischen multizentrischen Morbus Castleman (iMCD) gestellt werden.
Schlussfolgerung: Der iMCD ist ein seltenes lymphoproliferatives Krankheitsbild, das mit Autoimmunität und -inflammation einhergehen kann. Als potenziell letal verlaufende Systemerkrankung stellt es auch in der Kinder-Rheumatologie eine wichtige Differenzialdiagnose bei Lymphoproliferation und konstitutionellen Symptomen dar. Die Diagnosestellung kann nur durch eine gute Zusammenarbeit zwischen Klinikern und Pathologen erfolgen. Die Pathogenese des iMCD ist noch nicht vollständig verstanden. Insbesondere die Freisetzung des proinflammatorischen Zytokins IL-6 scheint eine zentrale Rolle zu spielen. Aus diesem Grund kommen therapeutisch Anti-IL-6-Antikörper zum Einsatz. Nach Diagnosestellung wurde eine Therapie mit dem monoklonalen Antikörper Tocilizumab initiiert.
Der iMCD ist eine seltene, aber wichtige Differenzialdiagnose bei unklarer Lymphoproliferation und Hinweisen für systemische Inflammation, die einen interdisziplinären diagnostischen Blick erfordert und mit IL-6-blockierenden Substanzen eine gute Behandlungsoption hat.
Offenlegungserklärung: Es liegen keine Interessenskonflikte vor.