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Irreführende Dorsalgien
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Veröffentlicht: | 18. September 2024 |
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Gliederung
Text
Vorgeschichte: Ein 45-jähriger Patient stellte sich im Januar 2023 zur Abklärung von Dorsalgien bei positivem HLA-B27-Merkmal in unserer Ambulanz vor. An Vorerkrankungen ist eine chronische Hepatitis B-Infektion zu erwähnen. Eine orthopädische Abklärung blieb ohne wegweisende Befunde.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Der Patient berichtete von tiefsitzenden Rückenschmerzen mit entzündlichem Charakter seit 15 Jahren, sowie von einer Gangunsicherheit und mehreren Sturzereignissen. Zudem sei eine zunehmend verminderte Kraft im Bereich der Oberschenkelmuskulatur aufgetreten.
Diagnostik: Klinisch zeigten sich keine geschwollenen Gelenke. Der Finger-Boden-Abstand lag bei 20 cm, der BASDAI wurde mit 4,7 bestimmt. Laborchemisch zeigten sich keine erhöhten Entzündungsparameter, die Immunologie war, bis auf das positive HLA-B27-Merkmal, unauffällig. Im durchgeführten MRT der LWS und ISG zeigten sich keine SpA-typischen entzündlichen bzw. strukturellen Veränderungen. Somit ergaben sich keine Hinweise auf eine Spondyloarthritis.
In der interdisziplinären Begutachtung der MR-Bildgebung war jedoch eine erhebliche Atrophie und Verfettung der Rumpfmuskulatur auffällig. Die CK war mit 751 IU/l und die CK-MB mit 32,6 IU/l leicht erhöht.
Der Patient wurde erneut in unsere Sprechstunde einbestellt. Wir ergänzten einen Myositisblot und ein MRT der Oberschenkel beidseits. Bei MR-graphischen Nachweis einer erheblichen Muskelverfettung und ödematösen Signalen in der T2-Wichtung, wurde der V.a. eine Myositis gestellt. Im Myositis-Blot zeigten sich grenzwertige Befunde für anti-Mi-2B- und anti-Pl-12-Antikörper (jeweils einfach positiv), sodass wir uns zur Durchführung einer Muskelbiopsie des M. vastus lateralis rechts entschieden. Hier wurde ein ausgeprägtes neurogen-myopathisches Mischbild mit fibrolipomatösem Umbau, sowie auffälligen fuchsinophil umrandete Vakuolen, welche an „rimmed vacuoles“ erinnerten, eine MHC-I-Hochregulierung und fokale CD8+-Zellinfiltrate beschrieben. In der immunhistochemischen Färbung ergab sich kein Anhalt auf eine Muskeldystrophie, myofibrilläre Myopathie, nekrotisierende Myopathie bzw. eine Amyloidmyopathie.
Bei neurogen-myopathischen Mischbild empfahlen wir eine ergänzende neurologische Mitbeurteilung und Abklärung. In dieser zeigte sich in der Bestimmung der Enzymaktivität der Alpha-Glukosidase ein deutlich erniedrigter Wert (0,2 µmol/l/h, Referenzwert >2 µmol/l/h). In der molekulargenetischen Analyse konnten zwei heterogene Mutationen des Alpha-Glucosidase-Gens (C-32-13AT>G und C.670C>T) nachgewiesen werden, die beide als pathogen und typisch für eine spätbeginnende Form (late-onset) eines Morbus Pompe beschrieben sind. Damit konnte die Diagnose eines Morbus Pompe gestellt werden.
Therapie: Es wurde eine intravenöse Enzymersatztherapie mit Alglucosidase alfa in zweiwöchentlichen Abständen begonnen. Eine nächtliche intermittierende Beatmungstherapie, bei Zwerchfellparese und Abfall der FVC im Liegen, wurde etabliert. Ergänzend besteht eine Physiotherapie nach Bobath.
Weiterer Verlauf: Unter Enzymersatztherapie, welche sich gut verträglich zeigt, kam es zu einer klinischen Besserung der Muskelschwäche.
Offenlegungserklärung: Keine Interessenskonflikte.
Abbildung 1 [Abb. 1]
Abbildung 2 [Abb. 2]