Artikel
Therapierefraktäre juvenile Polyarthritis
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 18. September 2024 |
---|
Gliederung
Text
Vorgeschichte: Eine heute 13-jährige Patientin leidet an einer therapierefraktären Polyarthritis. Sie ist das erste Kind konsanguiner Eltern aus Afghanistan. Mit 2 Jahren trat erstmalig eine Arthritis des Ellenbogens auf, welche im Iran chirurgisch entlastet wurde. Im Verlauf entwickelte die Patientin rezidivierende Arthritiden, weswegen sie über mehrere Jahre orale Kortikosteroide erhielt. Mit ca. 5 Jahren Flucht nach Deutschland, hier erstmals kinderrheumatologische Vorstellung.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Die Patientin leidet an einer schweren Polyarthritis der großen Gelenke. Auffallend ist eine wiederholt hohe Zellzahl im sterilen Gelenkpunktat. Es besteht ein Kleinwuchs, welcher der langjährigen Steroid-Therapie zugeschrieben wird. Unklare Fieberschübe, Bauchschmerzepisoden, Durchfälle oder Hautauschläge werden nicht berichtet.
Diagnostik: Laborchemisch zeigten sich ANA, CCP-Ak, Rheumafaktor sowie HLA-B27 negativ. Die Patientin weist wiederholt deutlich erhöhte CRP-Werte (> 100 mg/l) sowie eine ausgeprägte Leukozytose (Leukozyten >80.000/µl bei >90% Granulozyten) im sterilen Gelenkpunktat auf. Augenärztlich zeigt sich zu keinem Zeitpunkt eine Uveitis.
Eine genetische Panel-Diagnostik auf autoinflammatorische Erkrankungen (einschließlich des PSTPIP1- sowie des LACC1-Gens) sowie eine Interferonsignatur sind unauffällig.
Therapie: Trotz multipler Behandlungsversuche mit Naproxen, Methotrexat, Etanercept, Adalimumab, Tocilizumab, Canakinumab, Anakinra, Abatacept, Ciclosporin A, Colchicin, Baricitinib, Tofacitinib kam es weiterhin zu rezidivierenden Arthritiden, so dass zusätzliche Gelenkspunktionen mit Steroidinjektion der großen Gelenke und orale Prednisolongaben erforderlich blieben.
Erst unter einer Kombinationstherapie von Secukinumab 75 mg 1x/4 Wochen und Anakinra 50 mg 1x/Tag konnte eine stabile Remission seitens der Gelenke erreicht werden.
Weiterer Verlauf: Im Dezember 2022 erfolgte eine Abklärung bei rezidivierenden Kopfschmerzen: MRT Schädel sowie Augenarzt zeigten sich unauffällig. Unter Reduktion des Anakinra auf 50 mg 1x/48h deutliche Besserung. Seit Sommer 2023 treten rezidivierende Bauchschmerz-Episoden (Dauer: 3–5 Tage) ohne Fieber, Erbrechen oder Durchfall auf. Im Bauchschmerzschub zeigten sich wiederholt erhöhte Entzündungswerte (CRP 130–180 mg/l).
Bei der Re-Evaluation des WES-Datensatzes konnte eine homozygote Variante im PMVK-Gen (Phosphomevalonatkinase, ENST00000368467.0) identifiziert werden, c.398C>T p.(Ala133Val). Die Phosphomevalonatkinase ist beim Abbau der Mevalonsäure für den Schritt nach der Mevalonatkinase verantwortlich.
In Anlehnung an die Mevalonatkinase-Defizienz bestimmten wir das IgD sowie die Mevalonsäure im Urin im Bauchschmerzschub, beide Werte zeigten sich erhöht.
In der Literatur wurden kürzlich 3 Patienten mit einer Phosphomevalonatkinase-Defizienz als neue autoinflammatorische Erkrankung beschrieben, wovon 1 Patient die gleiche homozygote Variante (c.398C>T) aufweist.
Offenlegungserklärung: Keinerlei Interessenkonflikte.
Literatur
- 1.
- Yıldız Ç, Gezgin Yıldırım D, Inci A, Tümer L, Cengiz Ergin FB, Sunar Yayla ENS, Esmeray Şenol P, Karaçayır N, Eğritaş Gürkan Ö, Okur I, Ezgü FS, Bakkaloğlu SA. A possibly new autoinflammatory disease due to compound heterozygous phosphomevalonate kinase gene mutation. Joint Bone Spine. 2023 Jan;90(1):105490. DOI: 10.1016/j.jbspin.2022.105490
- 2.
- Berner J, van de Wetering C, Jimenez Heredia R, Rashkova C, Ferdinandusse S, Koster J, Weiss JG, Frohne A, Giuliani S, Waterham HR, Castanon I, Brunner J, Boztug K. Phosphomevalonate kinase deficiency expands the genetic spectrum of systemic autoinflammatory diseases. J Allergy Clin Immunol. 2023 Oct;152(4):1025-1031.e2. DOI: 10.1016/j.jaci.2023.06.013
- 3.
- Jairaman A, Badiger VA, Raj S, Nair KV, Balan S, Narayanan DL. A novel homozygous variant in PMVK is associated with enhanced IL1β secretion and a hyper-IgD syndrome-like phenotype. Clin Genet. 2024 Mar;105(3):302-7. DOI: 10.1111/cge.14451