gms | German Medical Science

Deutscher Rheumatologiekongress 2023

51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
37. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
33. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

30.08. - 02.09.2023, Leipzig

Entstellende Schwellung der Lippen – was steckt dahinter?

Meeting Abstract

  • Lissy Tille - Universitätsklinikum Dresden, Pädiatrische Rheumatologie, Dresden
  • Nina-Christine Knopf - Universitätsklinikum Dresden, UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen, Dresden
  • R. Aschoff - Universitätsklinikum Dresden, Dermatologie, Dresden
  • Catharina Schütz - Universitätsklinikum Dresden, UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen, Dresden; Universitätsklinikum Dresden, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Dresden
  • Normi Brück - Universitätsklinikum Dresden, Pädiatrische Rheumatologie, Dresden

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2023, 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 37. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 33. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Leipzig, 30.08.-02.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocKI.15

doi: 10.3205/23dgrh137, urn:nbn:de:0183-23dgrh1375

Veröffentlicht: 30. August 2023

© 2023 Tille et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung: Die Cheilitis granulomatosa ist eine seltene granulomatöse Entzündung mit chronisch rekurrierender Schwellung der Lippen, seltener der Wangen. Die Erkrankung betrifft Kinder und Erwachsene beider Geschlechter (Frauen>Männer) und tritt gehäuft zwischen der 2.–3. Lebensdekade auf [1]. Die kosmetische Beeinträchtigung führt häufig zu einer psychosozialen Belastung. Die Ätiopathogenese ist ungeklärt. Neben idiopathischen Verlaufsformen sind Manifestationen im Rahmen von Systemerkrankungen wie Morbus Crohn oder Sarkoidose bekannt. Diskutiert werden zudem Trigger wie Kontakt- und Nahrungsmittelallergien [2]. Histologisch findet sich eine nicht verkäsende granulomatöse Entzündungsreaktion. Die Therapie gestaltet sich häufig schwierig mit variablem Ansprechen, Behandlungsempfehlungen exitieren nicht. In Studien konnte ein Ansprechen auf Steroide (intraläsional oder systemisch) gezeigt werden, jedoch sind Re-Bound Phänomene häufig. Fallserien belegen ein Ansprechen auf antibiotische oder immunmodulierende Therapeutika wie Dapson, Hydroxychloroquin Methotrexat oder TNFα Inhibitoren (Infliximab oder Adalimumab) [3]. Chirurgische Maßnahmen kommen als Ultima ratio in Betracht.

Methoden: Wir berichten über 6 Patient*innen mit Cheilitis granulomatosa, drei Jungen und drei Mädchen mit einem Altersdurchschnitt von 8 Jahren bei Erstdiagnose. Es erfolgte eine interdisziplinäre Betreuung durch Kolleg*innen der pädiatrischen Rheumatologie, Immunologie, Dermatologie und Mundkiefergesichtschirurgie.

Ergebnisse: Bei 5/6 Patient*innen wurde die Cheilitis als idiopathisch gewertet. Es fanden sich keine anamnestischen und klinischen Hinweise auf eine chronisch entzündliche Darmerkrankung. Bei einer Patientin war der Granulozytenfunktionstest pathologisch mit 2 Populationen als Zeichen einer ungünstigen Lyonisierung. Passend dazu ist sie Trägerin einer Variante im CYBB Gen, welches bei Jungen zu dem Vollbild einer septischen Granulomatose führt. Die Therapie erfolgte zunächst mit lokalen Triamcinoloninjektionen oder systemischen Kortikosteroiden (6/6 Patienten) zumeist in Kombination mit Dapson (3/6 Patienten). Weitere Therapieversuche basierten auf der Anwendung von Antibiotika (3/6 Patienten), Methotrexat (4/6 Patienten), Hydroxychlorquin (1/6 Patienten) sowie Adalimumab (4/6 Patienten). Die geschilderten Patient*innen zeigen bislang ein unzureichendes Langzeitansprechen auf lokale Steroidinjektionen bzw. Immunmodulatoren inklusive TNFα Inhibition.

Schlussfolgerung: Die Cheilitis granulomatosa bedarf einer breiten differentialdiagnostischen Abklärung zum Ausschluss einer Systemerkrankungen. Aufgrund der langen Latenzphase zwischen dem Auftreten einer Cheilitis und der Manifestation assoziierter Systemerkrankungen sollte die Langzeitbetreuung der Patienten in einer Spezialsprechstunde erfolgen [4]. Größere Fallserien und perspektivisch vergleichende Protokolle sind erforderlich, um evidenzbasierte Therapieoptionen anbieten zu können.


Literatur

1.
Wehl G, Rauchenzauner M. A Systematic Review of the Literature of the Three Related Disease Entities Cheilitis Granulomatosa, Orofacial Granulomatosis and Melkersson – Rosenthal Syndrome. Curr Pediatr Rev. 2018;14(3):196-203. DOI: 10.2174/1573396314666180515113941 Externer Link
2.
Tilakaratne WM, Freysdottir J, Fortune F. Orofacial granulomatosis: review on aetiology and pathogenesis. J Oral Pathol Med. 2008 Apr;37(4):191-5. DOI: 10.1111/j.1600-0714.2007.00591.x Externer Link
3.
Pathania YS. Current treatment modalities in granulomatous cheilitis. Int J Dermatol. 2022 Jun;61(6):755-9. DOI: 10.1111/ijd.16126 Externer Link
4.
Lazzerini M, Bramuzzo M, Ventura A. Association between orofacial granulomatosis and Crohn's disease in children: systematic review. World J Gastroenterol. 2014 Jun 21;20(23):7497-504. DOI: 10.3748/wjg.v20.i23.7497 Externer Link