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Deutscher Rheumatologiekongress 2023

51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
37. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
33. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

30.08. - 02.09.2023, Leipzig

Sekundäre HLH – „Timing is everything“

Meeting Abstract

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  • Annelie Taha - Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Leipzig
  • Marlen Zurek - Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Leipzig
  • Karim Kentouche - Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Jena
  • Stephan Borte - Immundefektzentrum, Leipzig

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2023, 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 37. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 33. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Leipzig, 30.08.-02.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocFA.52

doi: 10.3205/23dgrh118, urn:nbn:de:0183-23dgrh1180

Veröffentlicht: 30. August 2023

© 2023 Taha et al.
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Gliederung

Text

Vorgeschichte: Die zeitliche Abfolge und klinische Ausprägung von Autoinflammationserkrankungen sowie die spezifische Paraklinik, welche zur Diagnose führt, sind oft individuell unterschiedlich ausgeprägt und erschweren eine zeitnahe Diagnostik und Einleitung einer Therapie. Bei Autoinflammationserkrankungen stellt die deutlich verzögerte Ergebnismitteilung der spezifischen Parameter (S100 A8/9, Il-2-Rezeptor, Interferonsignatur, IL-18) ein relevantes Problem dar. Auch bei klinisch stabilem Patienten sollte nach Erregerausschluss frühzeitiger eine effektive Immunsuppression stattfinden, da der Delay ein schlechteres Outcome (Mortalität/Morbidität) hervorruft.

Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Aufnahme eines 12-jährigen Jungen mit seit 5 Tagen bestehenden generalisiertem urtikariellen Exanthem, Fieber, Pharyngitis, Schwellung/Schmerzen muskulär peripher an den Extremitäten.

Diagnostik: Bei repetitiv unauffälliger Erregerdiagnostik mittels Serologien und direkten Erregernachweisen zeigten sich die deutlich erhöhten Entzündungsparameter nicht responsibel auf eine empirische antibiotische Therapie, bei unspezifisch erhöhten Autoinflammationsparametern (S100 A 8/9 11,9 µg/ml, IL2-Rezeptor 1.400 U/ml, Ferritin 3.000). Klinisch und bildmorphologisch zeigten sich ebenfalls keine Kriterien für das Vorliegen einer Autoinflammation wie Polyserositis, Organomegalie oder Gelenkbeteiligung. Ab Tag 11 bildmorphologisch minimal Perikarderguss, grenzwertige Hepatosplenomegalie, Pleuraergüsse beidseits, minimale Gelenkergüsse, vermehrte, nicht vergrößerte Lymphknoten. Kein Hinweis auf das Vorliegen einer malignen Grunderkrankung oder eines Immundefektes (Ganzkörper-MRT, FDG-PET/CT, Knochenmark mit Stanze, Hautbiopsie). ES erfolgte initial der Ausschluss einer primären, im Verlauf einer sekundären HLH mit Hilfe von Funktionsassays, genetischem Ausschluss der primären HLH. Im Knochenmark zeigte sich eine reaktive Plasmozytose mit T-Lymphozytose, ohne Anhalt für Hämophagozytose, ebenso in der Hautbiopsie. An Tag 36 kam es zu Leberversagen, Niereninsuffizienz, Notwendigkeit einer invasiven Beatmung, Trizytopenie, Ferritin 150.000/µl, S100 30.000µg/ml, Hämophagozytose im Knochenmark. Retrospektiv Whole-Exom-Sequenzing, Interferonsignatur unauffällig.

Therapie: Bei fehlendem Ansprechen auf empirische antibiotische Therapie erfolgte bei V.a. virusgetriggerte Autoinflammation die Gabe von Immunglobulinen, bei Nonresponse DD Morbus Still Methylprednisolon, desweiteren Anakinra. Nach Malignomausschluss ohne Hinweis auf primäre HLH zeigen sich die Befunde unklar i.S Autoinflammation DD systemische Virusinfektion. Deshalb Canakinumabgabe ohne Entfieberung bei Erholung des Blutbildes. Vollständige Response unter Dexamethason. Bei erneutem Fieber unter normaler Organfunktion Tocilizumab. Plötzlich Multiorganversagen und Verlegung an Uniklinik Jena bei V.a. unbeherrschte sekundäre HLH ohne Auslöser DD: MAS i.R.M. Still.

Weiterer Verlauf: Bei vorliegendem Multiorganversagen an Tag 33 zeigten sich in der Reevaluation deutlich erhöhtes Ferritin maximal von 150.000/µl, S100 30.000 µg/ml, Trizytopenie, Hämophagozytose im Knochenmark, akute Blutung aus einem Magenulkus. Retrospektiv muss der Verdacht auf eine unbeherrschte sekundäre HLH ohne Auslöser DD: MAS i.R. M. Still gestellt werden. Es erfolgte eine Therapie nach HLH 2004 mit Hinzunahme von Etoposid zu bestehendem Dexamethason, infolge schwere Aplasie und langsame Rekonstitution des Patienten. Der initiale Verdacht auf eine Rickettsiose ließ sich retrospektiv nicht bestätigen. Aktuell Therapie mit Ciclosporin und Anakinra. Retrospektiv betrachtet sollte bei klinisch stabilem Patienten nach Erregerausschluss frühzeitiger eine effektive Immunsuppression stattfinden, da der Delay ein schlechteres Outcome (Mortalität/Morbidität) hervorruft.


Literatur

1.
Grom AA, Horne A, De Benedetti F. Macrophage activation syndrome in the era of biologic therapy. Nat Rev Rheumatol. 2016 May;12(5):259-68. DOI: 10.1038/nrrheum.2015.179 Externer Link
2.
Bami S, Vagrecha A, Soberman D, Badawi M, Cannone D, Lipton JM, Cron RQ, Levy CF. The use of anakinra in the treatment of secondary hemophagocytic lymphohistiocytosis. Pediatr Blood Cancer. 2020 Nov;67(11):e28581. DOI: 10.1002/pbc.28581 Externer Link