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Deutscher Rheumatologiekongress 2023

51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
37. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
33. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

30.08. - 02.09.2023, Leipzig

Immundefekt – das Erstsymptom eines Thymoms?

Meeting Abstract

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  • Didzis Gailis - Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, LMU Klinikum, München
  • Hendrik Schulze-Koops - Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, LMU Klinikum, München
  • Alla Skapenko - Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, LMU Klinikum, München

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2023, 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 37. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 33. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Leipzig, 30.08.-02.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocFA.14

doi: 10.3205/23dgrh081, urn:nbn:de:0183-23dgrh0811

Veröffentlicht: 30. August 2023

© 2023 Gailis et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Vorgeschichte: Ein 58-jähriger Patient stellte sich in unserer Immundefekt-Ambulanz für Erwachsene („AIDA“) vor, um einen Immundefekt abklären zu lassen. In der Anamnese ergab sich eine seit zwei Jahren bestehende erhöhte Infektanfälligkeit, die sich in durchschnittlich 2–3 grippalen Infekten pro Jahr äußerte. Außerdem hatte er seit etwa 5 Jahren offene Stellen in der Mundschleimhaut mit rezidivierenden Candida-Infektionen. Seit seinem 20. Lebensjahr litt der Patient unter wiederkehrenden Episoden von Durchfall, die jeweils etwa 3 Wochen dauerten und derzeit einmal bis zweimal im Jahr auftraten. Bei einer früheren Gastroskopie/Coloskopie vor fünf Jahren wurden bei dem Patienten eine Soorösophagitis sowie eine Refluxösophagitis festgestellt. Eine IgG Bestimmung beim Hausarzt, die aufgrund der erhöhten Infektanfälligkeit durchgeführt wurde, ergab auffallend niedrige Werte.

Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Prolongierte grippale Infekte, gehäufte Pilzinfektionen: Mundsoor, Soorösophagitis, intermittierende Diarrhöen.

Diagnostik: Die im Labor bestimmten Immunglobuline zeigten eine deutliche Erniedrigung der IgG (1,03 g/l), der IgA (<0,05 g/l) und der IgM-Immunglobuline (<0,05 g/l). In der IgG-Subklassenanalyse zeigten sich alle Subklassen deutlich vermindert. Der Befund der Lymphozyten-Subpopulationen zeigte eine normale Anzahl und Funktion der T-Zellen, jedoch eine vollständige B-Zell-Depletion. Ein Impfansprechen der Diphterie- sowie der mehrfach durchgeführten FSME-Impfung konnte nicht nachgewiesen werden. Bei kompletter B-Zell-Depletion wurde eine genetische Untersuchung auf Bruton-Thyrosinkinase-Defizienz durchgeführt, um einen Morbus Bruton und eine kindliche Agammaglobulinämie auszuschließen. Bei differenzialdiagnostischem Verdacht auf ein Good-Syndrom wurde ein CT-Thorax veranlasst. Hier zeigte sich eine 7,0x11,5 cm messende Raumforderung, die mit einem Thymom vereinbar war.

Therapie: Im Zuge der Behandlung des Immundefektes erfolgte eine Immunglobulin-Substitution mittels intravenöser Immunglobuline. Trotz Prämedikation reagierte der Patient allergisch auf diese Infusion. Bei hochgradigem V.a. Good-Syndrom vereinbarten wir eine Vorstellung in der Thoraxchirurgie zur Evaluation einer Biopsie/Thymusektomie. Zudem erfolgte ein erneuter Versuch der Immunglobulin-Substitation mit einem alternativen Immunglobulin.

Weiterer Verlauf: Nach einer Thymusresektion mit atypischer Lungenresektion sowie Perikardresektion konnte histologisch ein Typ-AB Thymom bestätigt werden (pT1a, pN0 (0-76 LK), LO, V0, Pn0, ICC Stadium:I, R-Klassifikation: R0). Nach der Therapie-Empfehlung des thorakalen Tumorboards wurde bei Perikardinfiltration und gerigem Resektionsrand eine adjuvante Radiatio empfohlen. In einem nach 2 Jahren durchgeführten CT-Staging wurde weiterhin kein Tumorrezidiv nachgewiesen, und es gab keine Anzeichen einer suspekten thorakalen Lymphadenopathie. Das Good-Syndrom oder Thymom-assoziiertes Immundefizit ist eine seltene Erkrankung, die bisher ausschließlich in retrospektiven Fallserien untersucht wurde. Zu den immunologischen Merkmalen des Good-Syndroms gehören Hypogammaglobulinämie, periphere B-Zell-Depletion, CD4+-Lymphopenie und ein invertiertes CD4/CD8-Verhältnis. Neben dem infektiösen Erscheinungsbild können auch parathymische autoimmune Phänomene im Zusammenhang mit dem Good-Syndrom auftreten, wie beispielsweise SLE, Myasthenia gravis sowie Aplasie der roten Blutkörperchen. Auch dieser Patient entwickelte im Verlauf eine Hepatopathie, die im Rahmen einer primär biliären Cholangitis auftrat.


Literatur

1.
Nestler O, Krönert C, Eichhorst B, Kayser M, Wollina U, Unger L. „Kein Fall wie er im Buche steht! Das Good-Syndrom – ein Fallbericht“. Aktuelle Rheumatologie. 2013;38(03): 161-3.
2.
Jansen A, van Deuren M, Miller J, Litzman J, de Gracia J, Sáenz-Cuesta M, Szaflarska A, Martelius T, Takiguchi Y, Patel S, Misbah S, Simon A; Good syndrome Study Group. Prognosis of Good syndrome: mortality and morbidity of thymoma associated immunodeficiency in perspective. Clin Immunol. 2016 Oct;171:12-7. DOI: 10.1016/j.clim.2016.07.025 Externer Link