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Deutscher Rheumatologiekongress 2023

51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
37. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
33. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

30.08. - 02.09.2023, Leipzig

2 Brüder mit Autoinflammation und Immundefizienz seit der Geburt

Meeting Abstract

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  • Elisa-Marie Intert - Klinikum Bad Bramstedt, Abteilung für Rheumatologie und Immunologie, Bad Bramstedt

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2023, 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 37. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 33. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Leipzig, 30.08.-02.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocFA.12

doi: 10.3205/23dgrh079, urn:nbn:de:0183-23dgrh0796

Veröffentlicht: 30. August 2023

© 2023 Intert.
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Gliederung

Text

Vorgeschichte: Wir stellen den Fall zweier Brüder vor, die seit der Geburt unter verschiedenen Symptomen leiden und sich insgesamt mit einer deutlichen kognitiven Einschränkung präsentieren. Beide Patienten kamen als Frühgeburt und mit transfusionspflichtiger Anämie auf die Welt. Sie erlitten bereits in der frühen Kindheit zerebrale Insulte. Aufgrund einer durch die ZNS-Schädigung verursachten Spastik sind beide Brüder nur im Rollstuhl mobil. Klinisch führend sind rezidivierende Fieberschübe, die mehrere Tage anhalten, bei zusätzlich deutlich erhöhter Infektneigung. Laborchemisch lassen sich sowohl eine Leukopenie als auch eine Anämie nachweisen bei chronischer Erhöhung der Entzündungsserologie. Außerdem lag bei beiden Brüdern ein Immungloubulinmangel vor, der bei dem Jüngeren persistiert. Beide Patienten weisen eine Splenomegalie auf. Bei dem Jüngeren liegt zusätzlich eine Hepatopathie mit portaler Hypertension und Ösophagusvarizen vor. Die Genese ist a.e. als medikamentös toxisch zu werten.

Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Leukopenie mit Infektneigung, Fieberschübe, kognitive Einschränkung.

Diagnostik: Humangenetische Diagnostik 2022: Nachweis einer neuartigen Variante (c.1552G>A; p.Ala518Thr) im Toll-Like-Rezeptor-8-Gen (TLR 8). Die Mutation wird X-Chromosomal vererbt. Die Mutter der beiden Brüder ist Trägerin der Mutation.

Therapie: Der ältere Bruder hat initial bei V.a. das Vorliegen einer Polyarteriitis nodosa Cyclophosphamid erhalten. Die Therapie war ohne Effekt und es kam zu rezidivierenden zerebralen Insulten. Nach Therapieumstellung auf Azathioprin wurde die Therapie aufgrund von Unverträglichkeit nicht weitergeführt. Mycophenolat-Mofetil wurde bei persistierender Leukopenie beendet. Seit 2013 erhält der ältere Bruder Infliximab. Bei ähnlichem klinischem Verlauf wurde auch bei dem jüngeren Bruder Infliximab eingeleitet. Da der Patient nach der ersten Gabe eine schwere anaphylaktische Reaktion erlitt, wurde die Therapie 2018 auf Adalimumab umgestellt. Aufgrund des persistierenden Immunglobulinmangels werden dem jüngeren Bruder außerdem regelmäßig intravenöse Immunglobuline verabreicht.

Weiterer Verlauf: Toll-Like-Rezeptoren sind ein wichtiger Teil der angeborenen Immunantwort. Die Variante im Toll-Like-Rezeptor-Gen 8 (TLR8) ist so in der Literatur noch nicht beschrieben. Somit liegt möglicherweise eine neue Erkrankung vor, was diesen Fall so interessant macht. Bisher sind nur wenige ähnliche Kasuistiken publiziert. Eine ähnliche Fallbeschreibung monozygoter Zwillinge wurde 2022 veröffentlicht. In diesem Fall liegt eine Mutation des TLR-8-Gens vor, die zu Instabilität des Rezeptorproteins führt. Aluri et al. [1] haben 6 männliche Patienten beschrieben, die unter einer schweren Immundefizienz litten. Auch bei diesen Patienten konnten verschiedenen Mutationen des Toll-Like-Rezeptor-8-Gens nachgewiesen werden. Zum jetzigen Zeitpunkt finden weitere immunologische Untersuchungen statt, um die Pathogenität der Mutation weiter zu erforschen. Hiervon versprechen wir uns neue Erkenntnisse hinsichtlich der Auswirkung der Mutation auf molekularer Ebene und hoffen hierdurch eine gezieltere Therapie für diese neuartige Erkrankung zu finden.


Literatur

1.
Aluri J, Bach A, Kaviany S, Chiquetto Paracatu L, Kitcharoensakkul M, Walkiewicz MA, Putnam CD, Shinawi M, Saucier N, Rizzi EM, Harmon MT, Keppel MP, Ritter M, Similuk M, Kulm E, Joyce M, de Jesus AA, Goldbach-Mansky R, Lee YS, Cella M, Kendall PL, Dinauer MC, Bednarski JJ, Bemrich-Stolz C, Canna SW, Abraham SM, Demczko MM, Powell J, Jones SM, Scurlock AM, De Ravin SS, Bleesing JJ, Connelly JA, Rao VK, Schuettpelz LG, Cooper MA. Immunodeficiency and bone marrow failure with mosaic and germline TLR8 gain of function. Blood. 2021 May 6;137(18):2450-62. DOI: 10.1182/blood.2020009620 Externer Link
2.
Fejtkova M, Sukova M, Hlozkova K, Skvarova Kramarzova K, Rackova M, Jakubec D, Bakardjieva M, Bloomfield M, Klocperk A, Parackova Z, Sediva A, Aluri J, Novakova M, Kalina T, Fronkova E, Hrusak O, Malcova H, Sedlacek P, Liba Z, Kudr M, Stary J, Cooper MA, Svaton M, Kanderova V. TLR8/TLR7 dysregulation due to a novel TLR8 mutation causes severe autoimmune hemolytic anemia and autoinflammation in identical twins. Am J Hematol. 2022 Mar 1;97(3):338-51. DOI: 10.1002/ajh.26452 Externer Link