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Deutscher Rheumatologiekongress 2023

51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
37. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
33. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

30.08. - 02.09.2023, Leipzig

Stolperfalle: Wie ein dickes Sprunggelenk die Diagnose einer Großgefäßvaskulitis ins Wanken brachte

Meeting Abstract

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  • Marcus von Deimling - Uniklinik Freiburg – Department Innere Medizin, Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, Freiburg im Breisgau
  • Viktoria Schindler - Uniklinik Freiburg – Department Innere Medizin, Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, Freiburg im Breisgau
  • Nils Venhoff - Uniklinik Freiburg – Department Innere Medizin, Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, Freiburg im Breisgau

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2023, 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 37. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 33. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Leipzig, 30.08.-02.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocFA.03

doi: 10.3205/23dgrh070, urn:nbn:de:0183-23dgrh0701

Veröffentlicht: 30. August 2023

© 2023 von Deimling et al.
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Gliederung

Text

Vorgeschichte: Bei einer 57-jährigen Patientin besteht seit ca. 6 Jahren in der wiederholten MR-Angiographie (MRA) der bildmorphologische Verdacht einer Großgefäßvaskulitis, u.a. mit entzündlichen Wandveränderungen am proximalen Aortenbogen, einer Abgangsstenose der linken A. subclavia, deutliche Wandveränderungen der Aorta abdominalis und A. renalis beidseits mit teils höhergradigen Stenosierungen. Aufgrund begleitender Entzündungskonstellation (CRP max. 34,2 mg/l) erfolgten wiederholte Glukokortikoidpulsbehandlungen, bei unzureichendem Ansprechen wurde nach 12 Monaten eine IL6-Rezeptorblockade mit Tocilizumab (162 mg 1x/Woche) eingeleitet. Auch unter dieser Therapie zeigten sich progrediente aortale Gefäßveränderungen, die zu einer Stentimplantation in der distalen Bauchaorta führten. Die Gefäßmanifestationen in den anderen Lokalisationen zeigten sich MRA-morphologisch stabil.

Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Die Patientin berichtete eine seit Jahren progrediente Gangunsicherheit mit Stolperneigung und Missempfindungen der unteren Extremität. Hinweise auf eine postinterventielle Minderperfusion der Beine oder eine peripher neurologische Schädigung ergaben sich nicht. Eine Schädel-MRT zeigte bis auf eine diskrete Aufhellung im Pons keine Auffälligkeit. Bei unklarer Verdickung des rechten Sprunggelenks ohne sicheres Trauma-Ereignis erfolgte eine MRT, die neben einer kleinen subchondralen Fissur am Talus eine ungewöhnliche Signalalteration des Knochenmarks zeigte.

Diagnostik: Im konventionellen Röntgen der unteren Extremität zeigten sich symmetrische Skelettveränderungen der Diaphysen mit Aussparung der Epiphysen. Histopathologisch zeigte sich eine nahezu vollständige Nekrose des kortikospongiösen Knochens, molekularpathologisch erfolgte der Nachweis einer BRAF-Mutation (p.V600E).

Therapie: In Zusammenschau des pathognomonischen röntgenologischen und genetischen Befunds wurde die Diagnose einer Erdheim-Chester Erkrankung (ECD), einer nicht-Langerhans’schen Histiozytose, gestellt. Die Reevaluation bildgebender Diagnostik vergangener Jahre ergab multiple Weichgewebsvermehrungen, u.a. im Bereich der Koronararterien, welche mit dem Vorliegen einer ECD mit vaskulärer Beteiligung vereinbar sind. Gemeinsam mit der Hämatoonkologie wurde jetzt die Therapie mit dem BRAF-Inhibitor Vemurafenib eingeleitet.

Weiterer Verlauf: Eine klinische Beurteilung wird zeitnah, die bildmorphologische Reevaluation in wenigen Monaten erfolgen. Die Prävalenz der ECD ist unbekannt. Seit 1930 wurden mehr als 500 Fälle beschrieben, mit teils unterschiedlichen klinischen Manifestationen. Häufig werden neben der typischen Knochenbeteiligung Wandauffälligkeiten der Aorta, Koronar- und Nierenarterien beschrieben. Dieser Fall zeigt eindrücklich, wie seltene Erkrankungen klinische Symptome von rheumatischen Erkrankungen imitieren, zur falschen Diagnose und möglicherweise fehlerhafter Therapie führen können. Erst durch die konsequente Abklärung eines Zufallsbefunds in einer anderweitig indizierten Bildgebung konnte die korrekte Diagnose gestellt werden.

Offenlegungserklärung: Keine Interessenskonflikte.