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Blinder Passagier – Fieber bei der GPA
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Veröffentlicht: | 31. August 2022 |
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Vorgeschichte: Bei einer 58-jährigen Patientin wurde 2018 die Erstdiagnose einer Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) gestellt. Klinisch präsentierte sie sich zu diesem Zeitpunkt mit Fieber, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Sinusitis. Laborchemisch waren c-ANCA mit dem Zielantigen PR3 nachweisbar, daneben gelang eine histologische Sicherung aus Gewebe der Nasennebenhöhlen. Eine Therapie mit Prednisolon und Methotrexat wurde eingeleitet, seither war die Erkrankung gut kontrolliert.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Unsere Patientin stellt sich 2021 mit hohem Fieber, Nachtschweiß und Krankheitsgefühl in der Notaufnahme vor. Bei erhöhten Entzündungs- und Nierenretentionswerten wird unter der Verdachtsdiagnose einer Harnwegsinfektion mit begleitendem akuten Nierenversagen eine antibiotische Therapie eingeleitet und Methotrexat pausiert.
Diagnostik: Die Blut- und Urinkulturen bleiben steril, die ausgewählte Erregerdiagnostik negativ. Ein Infektfokus kann mittels Bildgebung und invasiver Diagnostik inkl. Bronchoskopie nicht identifiziert werden. Es besteht anhaltend eine stark erhöhte Temperatur, mehrere Breitbandantibiotika zeigen keinen Erfolg. Im Verlauf entwickelt sich ein Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS) mit einem Anstieg des Ferritins (1300 µg/l), des löslichen IL-2 Rezeptors (6400 kU/l) und einer Panzytopenie, der klinische Zustand verschlechtert sich weiter. Laborchemische Zeichen für eine Reaktivierung der Grunderkrankung bestehen nicht (PR3 4,6U/ml, c-ANCA negativ).
Bei schwerem Erkrankungsbild und vor möglicher Einleitung einer intensiven Immunsuppression aufgrund des MAS wird bei der interdisziplinären Falldiskussion die Entscheidung getroffen, eine DISQVER®-Analyse der Firma Noscendo durchzuführen. Hiermit wird zellfreie DNA in Patientenplasma mittels Next Generation Sequencing analysiert, darüber können über 15.000 Infektionserreger identifiziert werden. Bei unserer Patientin gelingt damit der Nachweis von Leishmania infantum. In Zusammenschau der klinischen und laborchemischen Befunde wird die Diagnose einer viszeralen Leishmaniose mit MAS gestellt.
Therapie: Therapie der Wahl der viszeralen Leishmaniose ist Amphotericin B, die nach Diagnosestellung direkt begonnen wird. Auf eine Therapie mit Glukokortikoiden wird verzichtet.
Weiterer Verlauf: Bereits nach der ersten Gabe wird die Patientin fieberfrei. Innerhalb weniger Tage bessert sich der klinische Zustand deutlich, Entzündungswerte, Nierenfunktion und Blutbild normalisieren sich. Die mit Diagnosestellung angestoßene Leishmanien-Serologie ergibt einen grenzwertigen Befund. Eine Verlaufskontrolle nach Therapie mittels DISQVER®-Analyse ist negativ, die Patientin beschwerdefrei.
Die letzte Reise in ein Gebiet mit infektiologisch relevanter Sandmückenpopulation (Leishmanien-Vektor) fand vor mehreren Jahren statt. Eine latente Infektion, die unter Immunsuppression exazerbiert ist, kommt als mögliche Erklärung der Leishmaniose in Betracht.
Offenlegungserklärung: Die DISQVER®-Analyse wurde uns von der Firma Noscendo kostenlos zur Verfügung gestellt.