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Deutscher Rheumatologiekongress 2022, 50. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 36. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 32. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR)

31.08. - 03.09.2022, Berlin

Fallbericht: IgG-4- related disease und NLRP12-assoziiertes autoinflammatorisches Syndrom

Meeting Abstract

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  • Marten Kayser - I. Medizinische Klinik, Abteilung Rheumatologie und Klinische Immunologie, Städtisches Klinikum Dresden-Friedrichstadt, Dresden
  • Olaf Nestler - I. Medizinische Klinik, Abteilung Rheumatologie und Klinische Immunologie, Städtisches Klinikum Dresden-Friedrichstadt, Dresden
  • Leonore Unger - I. Medizinische Klinik, Abteilung Rheumatologie und Klinische Immunologie, Städtisches Klinikum Dresden-Friedrichstadt, Dresden

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2022, 50. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 36. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), 32. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Berlin, 31.08.-03.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocFA.22

doi: 10.3205/22dgrh109, urn:nbn:de:0183-22dgrh1095

Veröffentlicht: 31. August 2022

© 2022 Kayser et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Vorgeschichte: 38-jähriger Patient, Vorstellung über Konsil in der Augenklinik zur Frage nach Systemerkrankung. Z. n. 2x Katarakt-Op. (Grund unklar). Z. n. Strabismus-Op. links 2007. Internistisch noch chronische Rhinosinusitis mit Polyposis nasi, Asthma bronchiale, ausgeprägtes schuppendes Exanthem prätibial seit ca. 10 Jahren, häufig Fieber und Infekte in den letzten Jahren, Abgeschlagenheit. Als Säugling ungewöhnliche E.-coli-Meningitis. Als Folge besserer Diagnostikmöglichkeiten steigt die Zahl der bekannten Patienten mit den weniger bekannten autoinflammatorischen Syndromen, z.B. NOD2. „IgG-4 related diseases“ ist eine seit 2003 bekannte Entität, die u.a. zu tumorartigen entzündlichen Organinfiltrationen führt. Seit 2019 existieren ACR/EULAR Klassifikationskriterien, die der Patient klar erfüllt [1].

Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Massive Schwellung der Glandulae lacrimales bds. plus gestauter Bindehaut-und Skleralgefäße. Internistisch noch chronische Rhinosinusitis mit Polyposis nasi, Asthma bronchiale, ausgeprägtes schuppendes Exanthem prätibial seit ca. 10 Jahren zu berichten.

Diagnostik: Befunde: mehrere kleinere Laborabweichungen, aber insbesondere IgG4 erheblich erhöht (8,9 g/l (normal: 0,052–1,25 g/l)!(ca. 85% des Gesamt-IgG)) mit Verringerung von IgG1, 2, 3, IgM, IgA; IgD normal. Immunologie und Durchflusszytometrie Frage Lymphom o.B.. Screening auf Enzymdefekte negativ (Morbus Gaucher, Fabry, Pompe). Bildgebung: MRT Kopf: Infiltrate in den Orbitae bds., nicht von den Augenmuskeln ausgehend, N. opticus bds. frei. Pseudotumor orbitae bds., chronisch-entzündliche Veränderungen und Infiltrate in beiden Tränendrüsen. CT Thorax-Abdomen-Becken: Hepatosplenomegalie (Milz 14,5x6,5 cm), Lymphadenopathie (maximal 2,5 cm längs) jugulär, mediastinal, axillär, hilär. Tränendrüse links: Lymphozytäre Infiltrate mit Phlebitis, IgG4-Assoziation gering. Lymphknotenbiopsie Axilla links: reaktive Veränderungen, keine Maligniät. Genetik (Praxis für Humangenetik, Dresden): Heterozygot c.779C>T/p.(Threonin260Methionin) im Exon 3 des NLRP12-Gens. Funktionell verändertes Protein wahrscheinlich. ACMG-Klasse 3.

Therapie: Prednisolon in absteigender Dosierung: Rückgang Tränendrüsenschwellung, Verbesserung Hautbefund, subjektiv besser, aber immer noch deutlich beeinträchtigt. IL-1- Blockade in Vorbereitung. Klinisch bot der Patient das Bild einer genetisch determinierten, langsam progredienten Erkrankung. Dafür sprachen die sehr lange Vorgeschichte und z.B. auch die Säuglings-Meningitis mit E. coli, die bereits 1984 als sehr auffällig betrachtet wurde. Die Vermischung der Befunde mit der massiven IgG-4-Erhöhung bei gleichzeitiger Verminderung der übrigen Immunglobulinklassen und dem NLRP12-Gendefekt ergeben das Bild eines Immundefektsyndroms mit Autoinflammation.

Schlussfolgerungen: Seit 2008 sind Mutationen im NLRP12-Gen bekannt, ca. 80 Fälle publiziert. Die bei dem Patienten gefundene Mutation wurde erstmals in diesem Zusammenhang 2019 beschrieben [2]. Wir präsentieren hier den nach unserer Kenntnis ersten Fall eines Patienten, bei dem eine klinisch typische IgG4-assozierte Erkrankung und eine mutmaßlich NRLP12-assoziierte autoinflammatorische Erkrankung vorliegen.

Offenlegungserklärung: Keine Interessenskonflikte.


Literatur

1.
Wallace ZS, Naden RP, Chari S, Choi H, Della-Torre E, Dicaire JF, Hart PA, Inoue D, Kawano M, Khosroshahi A, Kubota K, Lanzillotta M, Okazaki K, Perugino CA, Sharma A, Saeki T, Sekiguchi H, Schleinitz N, Stone JR, Takahashi N, Umehara H, Webster G, Zen Y, Stone JH; American College of Rheumatology/European League Against Rheumatism IgG4-Related Disease Classification Criteria Working Group. The 2019 American College of Rheumatology/European League Against Rheumatism Classification Criteria for IgG4-Related Disease. Arthritis Rheumatol. 2020 Jan;72(1):7-19. DOI: 10.1002/art.41120 Externer Link
2.
Wang HF. NLRP12-associated systemic autoinflammatory diseases in children. Pediatr Rheumatol Online J. 2022 Feb 5;20(1):9. DOI: 10.1186/s12969-022-00669-8 Externer Link
3.
Maritati F, Peyronel F, Vaglio A. IgG4-related disease: a clinical perspective. Rheumatology (Oxford). 2020 May 1;59(Suppl 3):iii123-iii131. DOI: 10.1093/rheumatology/kez667 Externer Link