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Eine Diagnose ist nicht genug
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Veröffentlicht: | 31. August 2022 |
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Vorgeschichte: Stationäre Einweisung eines 51-jährigen Patienten durch einen Rheumatologen wegen einer seit 2 Jahren progredienten lividen und schmerzhaften Schwellung der rechten Hand mit Funktionseinschränkung. Schmerzbesserung unter Coxiben. Erst seit einigen Jahren bekannter Morbus Fabry mit Substitutionstherapie. Anamnestisch Trauma der rechten Hand vor 4 Jahren, Vater hat Haut-Psoriasis. Ein im Vorjahr veranlasstes Magnetresonanztomogramm (MRT) der Hand mit Nachweis von arthritischen Veränderungen der Metocarpophalangealgelenke (MCP-Gelenke) mit einzelnen Erosionen.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Diffus, nicht Arthritis-typische geschwollene rechte Hand mit livider Verfärbung und geringer Druckschmerzhaftigkeit der MCP-Gelenke sowie an Ansatzsehnen Musculus quadriceps femoris beidseits. Ulnardeviation der Langfinger. Pulse der Arteriae radialis und ulnaris rechts nicht sicher palpabel. Multiple Fabry-charakteristische Angiokeratome am Stamm, betont an Flanken. Keine Haut-Psoriasis. Kein Raynaud-Phänomen.
Diagnostik: Diskussion Differentialdiagnosen: Komplexes Regionales Schmerzsyndrom (CRPS), Gefäßbeteiligung bei M. Fabry, Arthritis psoriatica sine psoriase, Lyme-Borreliose mit Acrodermatitis chronica atrophicans und Arthritis.
Laborchemisch unauffällig, keine Entzündungskonstellation. Immunserologie (RF, ACPA, ANA, ANCA) negativ. Borrelia burgdorferi-Serologie negativ. Arthrosonographisch und röntgenologisch divergierend zum MRT keine Synovitis, aber Nachweis von sowohl Erosionen als auch osteoproliferativen Veränderungen an rechter Hand. Zudem deutlich reduzierte Perfusion der Ae. digitales palmares propriae.
Sonographie: Nebeneinander von Kleinsterosionen und -osteoproliferationen am MCP-Gelenk 3 rechts. Dorsaler Transversalschnitt.
Röntgen: Osteoproliferationen an den proximalen Phalangen der rechten Hand, Erosion am MCP 4 sowie Verschmälerung sämtlicher MCP-Gelenke. Ausschnitt pa-Aufnahme der rechten Hand.
Diagnose: Gleichzeitiges Auftreten einer Arthritis psoriatica (CASPAR-Kriterien) und einer Gefäßbeteiligung bei M. Fabry an einer Hand. Ein CRPS wurde klinisch und röntgenologisch, eine Lyme-Borreliose klinisch und serologisch ausgeschlossen.
Therapie: Behandlung zunächst mit Prednisolon 20 mg pro Tag und langsamer Reduktion über 2 Monate. Infusionstherapie mit Iloprost über fünf Tage. Zudem physio- und ergotherapeutische Anwendungen. Zur rheumaspezifischen Therapie Methotrexat (MTX) 15 mg pro Woche.
Weiterer Verlauf: Seltene Koinzidenz eines M. Fabry (akrale Schmerzen und Durchblutungsstörungen) und einer Psoriasisarthritis sine psoriase (erosive Arthritis, Enthesitis). Besserung und anhaltende Symptomrückbildung durch kombinierte entzündungshemmende und vasoaktive Behandlung sowie Optimierung der Substitutionstherapie mit Agalsidase. Inwiefern sich der Tropismus beider Erkrankungen mit schwerpunktmäßigem Befall der rechten Hand gegenseitig beeinflusst, bleibt unklar (symptomatische Durchblutungsstörung durch Entzündungsprozess?). Möglicher positiver Effekt von MTX auf die Behandlung des M. Fabry durch Reduktion der Antikörperbildung gegen Agalsidase (Daten aus murinem Modell) [1].
Disclosures: Keine Interessenkonflikte.
Abbildung 1 [Abb. 1], Abbildung 2 [Abb. 2], Abbildung 3 [Abb. 3]